Rede zum Haushalt 2025 der Stadt Erlangen von Dr. Philipp Dees, 16.01.2025
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
hinter uns liegen außergewöhnliche Haushaltsberatungen. Gerade deshalb gilt es besonders Dank zu sagen an diejenigen, die uns durch diesen sehr speziellen Prozess geführt haben: Herrn Beugel, Frau Bräuer und dem ganzen Team der Kämmerei, die dieses Jahr ja nicht nur einen Haushaltsentwurf erarbeitet haben, sondern immer wieder neue Versionen je nach aktueller Lage erstellen mussten. Herrn Ternes, Herrn Redel, den an den Stellenplanberatungen beteiligten Mitarbeiter*innen des Personalamtes. Allen Referent*innen, Amtsleiter*innen und Mitarbeiter*innen und auch dem Personalrat, die uns für Auskünfte zur Verfügung standen und den Prozess der Haushaltskonsolidierung im letzten wie für das jetzige Haushaltsjahr konstruktiv und engagiert begleiten. Und natürlich bei allen, die im Sitzungsdienst unsere Beratungen vorbereitet, begleitet und protokolliert haben. Danke auch an Sie, liebe Kolleg*innen, für die konstruktiven, sachorientierten Beratungen, die dieses Jahr ja besonders intensiv in diversen Gesprächsrunden stattfanden.
Als im letzten Sommer die ersten Meldungen kamen, dass die Gewerbesteuer massiv einbricht – damals noch um vergleichsweise überschaubar klingende 50 Millionen, mittlerweile kennen wir ja die viel höhere Dimension –, da fühlten sich einige in unserer Stadt motiviert zu dem Statement „Die Party ist vorbei“. Und auch einige hier im Stadtrat fanden es schick, solche Worte zu sagen und zu schreiben.
Nur: Welche „Party“ soll dass denn gewesen sein? Waren die Investitionen in unsere Berufsschule eine Party? Waren die Investitionen in Kinderbetreuung und Schulen eine Party? Die in die Stadtteilhäuser in Kriegenbrunn und Büchenbach und in den KuBiC? Die in neue Sporthallen? Das Feuerwehrhaus in Dechsendorf? Die Verbesserung der Infrastruktur unserer Stadt? Und auch die Investitionen in Klimaschutz, Verkehrswende und Grün in unserer Stadt können eigentlich nur diejenigen für „Party“ halten, die gegen die wissenschaftlichen Fakten den Klimawandel und dessen Folgen auch hier bei uns in Erlangen leugnen.
Wir haben in den vergangenen Jahren keine Party gefeiert. Sondern wir haben unter sozialdemokratischer Führung intensiv gearbeitet an Zukunft und Zusammenhalt in unserer Stadt. Dem dienten nämlich die hohen Investitionen in den vergangenen Jahren. Wir haben die guten Jahre mit hohen Gewerbesteuereinnahmen genutzt, um wichtige Projekte für unsere Stadt voranzutreiben. Und wir haben parallel massiv Schulden abgebaut und damit Spielräume geschaffen, auch in schlechteren Zeiten noch Investitionen finanzieren zu können, weil die Stadt kreditwürdig bleibt.
Vor diesen schwierigen Zeiten stehen wir nun ganz ohne jeden Zweifel. Der drastische Einbruch der Gewerbesteuer zwingt uns, Ausgaben zu reduzieren, Investitionen zurückzufahren, Aufgaben und Angebote der Stadt in Frage zu stellen, um insbesondere den Verwaltungshaushalt wieder auszugleichen und damit der Stadt wieder einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verschaffen.
Das gelingt uns mit diesem Haushalt noch nicht, das kann uns auch noch nicht gelingen. Denn Haushaltskonsolidierung lässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen. Maßnahmen brauchen Zeit, bis sie haushaltswirksam werden. Wir brauchen auch noch mehr Klarheit, wo sich Gewerbesteuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen nach den starken Ausschlägen 2024, 2025 und 2026 tatsächlich einpendeln werden. Und wenn man nicht, wie in Deutschland der Vorsitzende einer einstmals liberalen Partei, Anhänger*in von Kettensägemassakern ist, dann sollten auch Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung vernünftig überlegt und abgewogen sein: Damit nicht Zukunft und Zusammenhalt in unserer Stadt aus der Balance geraten.
Denn das ist für uns auch in schwierigen Haushaltszeiten Maßstab: Dass die Stadt weiter das ihr mögliche für Zukunft und Zusammenhalt tut. Das wird, das ist uns auch klar und das wird bereits in diesem Haushalt deutlich, erheblich weniger sein, als wir in den letzten Jahren tun konnten. Wir schränken städtische Leistungen ein, wir erhöhen Abgaben und Gebühren und wir verlangen den städtischen Mitarbeiter*innen noch mehr ab als in den vergangenen Jahren schon. Und wir tun dies auch an Stellen, wo wir wissen, dass die Stadt eigentlich mehr tun müsste. Nur beispielhaft seien genannt die deutliche Preiserhöhung beim Sozialticket, das Schieben des Projekts Stadtteilschule Mönauschule, die Einschränkungen im Kulturbereich zum Beispiel bei der Jugendkunstschule oder bei den Ferienangeboten, die Wiederbesetzungssperre, die Stelleneinzüge und der Verzicht auf Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen bei unserem Personal oder auch das Zurückfahren der Maßnahmen von Klimaschutz und Klimaanpassung. Das alles und noch vieles mehr sind Maßnahmen, die gerade uns in der SPD-Fraktion, die aber vor allem auch vielen Menschen in unserer Stadt richtig weh tun. Die wir aber nicht unterlassen können, wenn wir die Handlungsfähigkeit der Stadt über ihren Haushalt zurückgewinnen wollen.
Wir tragen deshalb den Weg, den wir mit diesem Haushalt einschlagen und den wir mit dem Haushaltskonsolidierungskonzept noch verstärkt werden gehen müssen, mit. Denn wir wollen, dass weiterhin die Politik und die Mehrheiten hier in unserem Stadtrat darüber entscheiden, was die Stadt tut und wofür sie Geld ausgibt – und nicht dauerhaft eine demokratisch nur sehr indirekt legitimierte Behörde. Dafür werden wir noch weitere, schmerzhafte Konsolidierungsmaßnahmen beschließen und dann umsetzen müssen.
Bei dieser Erkenntnis sind wir uns im Stadtrat auch alle einig. Allerdings ist in diesen Haushaltsberatungen schon auch deutlich geworden: Zwischen abstrakter Erkenntnis, dass konsolidiert werden muss, und dem konkreten Handeln klaffen teils drastische Lücken: Besonders auffällig beim selbsterklärten ökologischen Block dieses Stadtrats, der zwar auch die Notwendigkeit des Konsolidierens betont, aber gleichzeitig Anträge für Mehrausgaben in Millionenhöhe gestellt hat. Das aber ist kein ehrlicher Umgang mit unserer Haushaltssituation.
Um unseren Haushalt wieder ins Lot zu bringen, müssen wir im Haushalt selbst konsolidieren. Wir müssen aber gleichzeitig dafür sorgen, dass unser Wirtschaftsstandort, in dem der Wohlstand und damit die Steuereinnahmen unserer Stadt erwirtschaftet werden, so prosperierend bleibt, wie wir ihn die letzten Jahre erlebt haben. Und dass wir dabei noch stärker die kleineren und mittleren Betriebe unserer Stadt in den Blick nehmen, die zwar nicht für die hohen, aber dafür für die stabilen und damit planbaren Gewerbesteuereinnahmen sorgen.
Die SPD-Fraktion unterstützt deshalb die Initiative des Oberbürgermeisters, die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts und dabei auch die Schaffung von Gewerbeflächen für in Erlangen entstehende und wachsende Unternehmen zur ersten Priorität im Stadtentwicklungskonzept zu machen. Denn wir brauchen diese Flächen, damit sich Unternehmen bei uns entwickeln können, bei uns Beschäftigung schaffen und eben auch für die notwendigen Steuereinnahmen unserer Stadt sorgen.
Deshalb freuen wir uns auch, Frau Kollegin Linhart, dass Sie in Ihrer Bewerbung als Oberbürgermeister-Kandidatin der Grünen die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Erlangen als Ihren Schwerpunkt genannt haben. Allerdings: Den Oberbürgermeister müssen Sie davon nicht überzeugen – und daher muss man ihn auch nicht wechseln. Und auch die SPD-Fraktion müssen Sie nicht überzeugen. Sondern der wesentliche Widerstand hier in diesem Stadtrat gegen die Weiterentwicklung des Erlanger Wirtschaftsstandorts: Der liegt in ihrer eigenen Fraktion. Denn es war doch ihre Fraktion, die gegen die letzten Bebauungspläne beim Siemens-Campus gestimmt hat. Es war ihre Fraktion, die die Masterplanung und die Bebauungspläne am Uni-Südgelände abgelehnt hat. Es war ihre Fraktion, die sich gegen die Entwicklung des Forschungscampus am Universitätsklinikum gestellt hat. Es ist ihre Fraktion, die regelmäßig die Entwicklung von Flächen für Erlanger Unternehmen in Frage stellt. Wenn sich das nun ändert, dann: Herzlich willkommen im Club!
Die notwendigen Entscheidungen für eine weiter erfolgreiche Entwicklung unserer Stadt, die wir man aber auch nicht unter dem Banner „Heimat erhalten“ fassen können. Jedenfalls nicht so, wie es in unserer Stadt in der Regel verwendet wird. Denn eine erfolgreiche Zukunft für unsere Stadt wird sich nur gestalten lassen, wenn wir auch bereits sind, unsere Stadt zu verändern: Wenn wir Raum schaffen für innovative Ideen, Platz bieten für die Entwicklung von Unternehmen und wenn wir moderne und leistungsfähige Infrastruktur schaffen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir auch in der nun schlechten Haushaltslage weiter in die Stadt-Umland-Bahn investieren, als Leuchtturmprojekt für moderne Infrastruktur. Aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben, wir müssen auch weiter sorgen für eine moderne Berufsschule, damit wir duale Ausbildung auf Spitzenniveau anbieten können, wir müssen in Digitalisierung ebenso investieren wie in Bildung und Kinderbetreuung – und wir müssen auch zusätzliche Flächen für die Entwicklung von Gewerbe und Forschung in unserer Stadt schaffen.
Über den Erfolg des Wirtschaftsstandorts Erlangen entscheiden wir allerdings nicht allein hier vor Ort. Sondern natürlich ist gerade bei unserer Wirtschaftsstruktur mit vielen am Weltmarkt operierenden Unternehmen entscheidend, was eben dort, auf dem Weltmarkt passiert. Und von dort kommen zahlreiche dunkle Wolken, die uns Sorgen machen müssen: Dass ein US-Präsident antritt, der Protektionismus, Abschottung und Wirtschaftskriege auf seiner politischen Agenda hat – und der dabei gelenkt wird von einem Milliardär, der für den eigenen ökonomischen Vorteil massiven Schaden für die Weltwirtschaft in Kauf nimmt. Dass ein zunehmend aggressives China ebenso den freien Welthandel in Frage stellt. Aber auch, dass bei uns in Deutschland einige selbsterklärte „besonders wirtschaftskompetente“ Politiker*innen im Bundestagswahlkampf „Zurück in die Vergangenheit“ als Zukunft für die deutsche Wirtschaft ausgeben. Die tiefe Krise bei Volkswagen ist nur eines der warnenden Beispiele: Mit dem Festhalten am Vergangenen lässt sich Zukunft nicht gewinnen. Hätte man bei VW den Hirnschmalz, der verwendet wurde, um Verbrennermotoren auf Prüfständen schadstoffärmer aussehen zu lassen, in die Entwicklung moderner, leistungsfähiger Elektroautos gesteckt: Dann wäre Volkswagen heute möglicherweise auf dem explodierenden chinesischen Markt für Elektroautos nicht so abgehängt – und würde heute das Geld erwirtschaften, um den Wandel des Konzerns finanzieren zu können. Und wenn man auf dem chinesischen Markt für Elektroautos abgehängt worden ist: Dann ist die Lösung eben nicht, noch mehr Verbrenner zu produzieren, wie uns nicht wenige Politiker*innen gerade weiß machen wollen. Genauso wenig, wie man der deutschen Stahlindustrie einen Gefallen tut, wenn man die Transformation zum grünen Stahl abbricht – denn der setzt sich auf den Weltmärkten gerade durch. Oder die deutsche Energieversorgung bezahlbarer macht, wenn man die günstig gewordenen erneuerbaren Energien in unserem Land nun durch exorbitant teure Kernenergie ablösen will.
Wirtschaftlicher Erfolg erfordert Mut zur Veränderung. Und übrigens: Auch Siemens wäre nicht der erfolgreiche Konzern, der er heute ist, wenn dort immer noch Telegraphen hergestellt würden.
Die noch größere Gefahr für unseren Erfolg in Deutschland, aber gerade auch hier in Erlangen geht aber aus von den immer schriller werdenden Ausländer-raus-Kampagnen, die diesen Bundestagswahlkampf durchziehen – und das längst nicht mehr nur von extrem rechts, sondern auch von Parteien der selbsterklärten bürgerlichen Mitte. Und die inzwischen ja nicht mehr nur Ausländer*innen im eigentlichen Wortsinne in den Blick nehmen, sondern immer mehr auch deutschen Staatsbürger*innen absprechen, „echte“ Deutsche zu sein.
Gerade hier in Erlangen wissen wir: Auch ökonomischer Erfolg entsteht nur dann, wenn Menschen von außen zu uns kommen und uns mit ihren Ideen und Erfahrungen bereichern können. Unsere Weltkonzerne, unsere Universität, aber auch zahlreiche mittlere und kleine Betriebe in unserer Stadt: Die wären nicht so erfolgreich, wie sie sind, wenn Sie nicht Mitarbeiter*innen von überall her auf der Welt hätten – übrigens nicht nur höchstqualifizierte, denken Sie an die zahlreichen ausländischen Beschäftigen in der Pflege, in Dienstleistungen und zunehmend auch im Handwerk. Die Ausländer-raus-Rhetorik dieses Wahlkampfs gefährdet damit ganz ausdrücklich auch den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes und unserer Stadt – denn sie schreckt gerade auch die leistungsfähigen Köpfe ab, die wir so dringend für uns gewinnen müssen. Und gleichzeitig vergiftet sie das Klima in unserem Land.
Lassen Sie mich daher in dieser Haushaltsrede einen Appell an das selbsterklärte bürgerliche Lager richten: Es mag verlockend sein, über Rhetorik gegen Ausländer*innen und gesellschaftliche Vielfalt zu polarisieren und damit vielleicht Mehrheiten gewinnen zu können – wobei uns nicht nur Österreich zeigt, dass das keine konservativen, sondern extreme Mehrheiten sein werden. Aber lohnt es, Mehrheiten zu gewinnen um den Preis, die Gesellschaft vergiftet zu haben?
Richtig ist allerdings auch: Dass sich unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft so drastisch verändern, verändern müssen, um zukunftsfähig zu sein, dass schafft bei vielen Menschen Unsicherheit und Ängste. Und diese Unsicherheiten und Ängste sind es, die denjenigen in unserem Land, die ihren politischen Erfolg auf Spaltung aufbauen, die Ansatzpunkte für ihre Rhetorik bieten.
Deshalb muss bei aller Wichtigkeit, die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts zu gestalten, ein zweiter Aspekt gleichwertig daneben stehen: Zusammenhalt. Und den schaffen wir hier vor Ort, wo die Menschen in all ihrer Vielfalt zusammen kommen. Wo wir dafür sorgen können und müssen, dass wir alle miteinander leben und nicht neben- oder gar gegeneinander.
Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft und damit auch ihre Zukunft: Der entscheidet sich vor Ort, in den Kommunen. Und er entsteht nur, wenn es Angebote, wenn es Räume und Orte gibt, wo Menschen zusammen kommen, sich kennen- und damit auch akzeptieren lernen. Genau deswegen waren die Investitionen in Stadtteilhäuser, in Sportstätten, in Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, die wir in den letzten Jahren so intensiv getätigt haben, eben keine „Party“, sondern Investitionen in den Zusammenhalt und damit in den Erfolg unserer Gesellschaft: Weil sie diese Räume und Orte geschaffen haben.
Und deshalb wird es wichtig sein, dass wir bei allem Konsolidierungsdruck, unter dem wir stehen, Angebote, wo Menschen zusammenkommen und sich kennenlernen, erhalten. In Kultur, Freizeit, Sport mag jedes einzelne Angebot für sich eine freiwillige Leistung sein und sich damit zur Disposition stellen lassen. Aber ohne sie verfehlen Kommunen ihren Wesenszweck, für den Aufbau der Demokratie von unten zu sorgen. Und deshalb ist es auch eine entscheidende Forderung an Bund und Länder, alle Kommunen endlich so mit Finanzmitteln auszustatten, dass sie dieser Aufgabe, Demokratie von unten aufzubauen, wieder mit aller Kraft nachkommen können. Denn innerhalb Deutschlands wie noch viel stärker international sehen wir: Dort, wo Kommunen ausgeblutet wurden, wo sie all dies Angebote von Kultur, Freizeit, Sport oder auch Jugendarbeit zurückfahren mussten: Genau dort gedeihen Demokratie- und Menschenfeindlichkeit.
Deshalb gilt für die SPD-Fraktion für diesen Haushalt und auch für die weitere Haushaltskonsolidierung: Ja, wir werden Angebote neu strukturieren und auch reduzieren müssen. Wir werden auch darüber diskutieren müssen, welche Nutzer*innen von welchen Angeboten welchen Eigenbeitrag leisten können, um Angebote erhalten zu können. Aber einen Kahlschlag, den kann, den darf es nicht geben. Und zumindest für den Haushalt 2025 können wir feststellen, dass uns das bei allen Einschränkungen, die es gibt, gelungen ist.
Und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft müssen wir nochmals verstärkt diejenigen in den Blick nehmen, die nicht oder nicht in vollem Umfang für sich selbst sorgen können und die sich meist auch nicht lautstark Gehör verschaffen. Ein Augenmerk der SPD-Fraktion liegt darauf, gerade für diese Menschen Angebote und den niedrigschwelligen Zugang zu diesen zu erhalten. Wir haben in den vergangenen Jahren durch den ErlangenPass und dessen Entwicklung zum ErlangenPass plus gerade hier viel geschafft – und davon wollen wir möglichst viel erhalten. Und das gilt gerade für die Angebote, die zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigen, Menschen vom Rand hinein in unsere Gesellschaft holen und für sie Perspektiven schaffen. Und wenn wir diese Angebote möglichst umfassend erreichen möchten, dann kann das auch bedeuten, dass diejenigen, die es sich leisten können, für Angebote künftig mehr zahlen – wie wir es z.B. im Kontext dieser Haushaltsberatungen bei den Gebühren der Stadtbibliothek beschlossen haben. Auch das ist ein Beitrag zur Solidarität in unserer Stadtgesellschaft.
Und auch wenn es richtig ist, dass nicht nur die Haushaltsprobleme unserer Stadt, sondern der Kommunen in ganz Deutschland und speziell auch in Bayern gerade auch durch stark steigende Sozialausgaben begründet sind: Die Antwort kann nicht sein, diese massiv zurückzufahren. Sondern sie muss sein, diese Sozialausgaben endlich ausreichend und solidarisch zu finanzieren. Denn Sozialleistungen sind kein Almosen, welches der Staat nach Gutdünken mal gewährt und mal nicht. Sondern sie sind ein Anspruch, der Menschen unmittelbar aus Artikel 1 des Grundgesetzes, der Menschenwürde, zusteht.
Das sei denjenigen, die gerade so lautstark gegen das Bürgergeld und Leistungen gegen Flüchtlinge polemisieren, ins Stammbuch geschrieben: Die Würde des Menschen – und ausdrücklich die des Menschen, nicht nur die des Deutschen – ist unantastbar, und dazu gehört auch eine ausreichende materielle Ausstattung. Und es ist auch unsere Aufgabe hier vor Ort, durch Teilhabe das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern – dafür braucht es eine ausreichende Finanzierung für unsere Aufgaben.
Was uns auch helfen würde: Wenn endlich Schluss wäre, durch immer noch detailliertere und noch detailliertere Regelungen uns abzuverlangen, einen immer größeren bürokratischen Apparat aufzubauen – übrigens nicht nur bei den Sozialleistungen, sondern auch bei vielen anderen Aufgaben, die wir in den Kommunen übernehmen. Wenn Bund und Land uns hier vor Ort zutrauen würden, mit den uns anvertrauten Mitteln auch verantwortlich umzugehen, und nicht immer mehr Dokumentationen einfordern. Wenn Sozialgesetzgebung nicht immer verästelter würde, um nur ja zu vermeiden, dass irgendjemand auch nur 1 Euro 50 mehr bekommt, als er*sie unbedingt benötigt. Wenn Sozialpolitik von Vertrauen statt von Misstrauen gegen Hilfsbedürftige geprägt wäre: Das würde Ressourcen freisetzen, die wir sowohl für mehr unterstützende Angebote als auch für die Haushaltskonsolidierung nutzen könnten. Aber: Wir hier vor Ort haben das fast nicht in der Hand, sondern sind gegängelt von Bund und Land. Aber Kommunalfinanzen, nicht nur hier bei uns in Erlangen, werden sich nur sanieren lassen, wenn der Trend, für immer genauerer Regelungen immer noch mehr Verwaltungsstellen schaffen zu müssen, gebrochen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren
Wir beschließen heute einen Haushalt, der geprägt ist von den Zwängen der Haushaltskonsolidierung. Und wir beschließen einen Haushalt, von dem wir wissen, dass er den gesetzlichen Vorgaben an Kommunalhaushalte nicht genügt – weil wir das für 2025 schlicht nicht erreichen können. Und wir beschließen deshalb einen Haushalt in dem Wissen, dass wir für die nächsten Jahre noch weitere große Konsolidierungsschritte werden machen müssen.
Wir beschließen aber gleichwohl auch einen Haushalt, der weiterhin geprägt ist vom Ziel, für Zukunft und Zusammenhalt zu sorgen. In dem wir wichtige Investitionsmaßnahmen fortführen. In dem wir aufzeigen, dass wir bei allem notwendigen Konsolidierungsbedarf ein möglichst vielfältiges Angebot in all den Aufgaben unserer Stadt erhalten wollen. Dass Zusammenhalt so wichtig ist wie Zukunft.
Dieser Haushalt wird wahrscheinlich nie Rechtskraft erlangen, vor uns liegt wohl ein Jahr vorläufiger Haushaltsführung. Und trotzdem ist der Haushaltsbeschluss heute wichtig, um deutlich zu machen, in welche Richtung wir die notwendige Haushaltskonsolidierung steuern wollen. Und wir gehen davon aus – und habe die Signale der Regierung auch so wahrgenommen – dass dieser Haushaltsplan die Orientierung sein wird, wenn die Regierung im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung Entscheidungen zum Beispiel über Kreditgenehmigungen trifft – wenn wir gleichzeitig den Konsolidierungsprozess konsequent und zielorientiert angehen.
Die SPD-Fraktion stimmt daher diesem Haushaltsplan zu. Bei allen Einschränkungen, die die Konsolidierungsmaßnahmen bedeuten, bei allem Wissen, dass wir damit noch nicht am Ende sind: Er ist der richtige Weg, um Zukunft und Zusammenhalt in unserer Stadt auch in schwierigen Haushaltsjahren zu sichern.