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Kategorie: Reden

Haushaltrede 2018 von Barbara Pfister, Fraktionsvorsitzende

Barbara Pfister während ihrer RedeEin Landespolitiker, der sich derzeit für höhere Aufgaben berufen fühlt und den zu zitieren ich ansonsten nur wenig Anlass habe, hat bezogen auf die Finanzpolitik des Freistaats vor kurzem sehr richtig gesagt, bei dieser gehe es nicht um reine Arithmetik, sondern sie sei  Ausdruck einer „Staatsphilosophie“. Auch wenn der der Maßstab für eine Stadt sicherlich kleiner anzusetzen ist, gilt diese Aussage dem Grunde nach auch für die Debatten über den städtischen Haushalt: Hierin spiegeln sich die jeweiligen Auffassungen von unserem Gemeinwesen wider. Die Fraktionen und Gruppen, die im Stadtrat vertreten sind, lassen trotz vieler mit großer Mehrheit beschlossener Vorhaben und trotz der bisweilen geringen Beträge und Detailfragen bei Budgets und Zuschüssen sehr deutlich erkennen, welchen gesellschaftspolitischen Grundorientierungen sie folgen – und das, denke ich, ist wichtig für die demokratische Kultur in unserer Stadt.

In diesem Sinne lässt sich folglich auch an den Haushaltsdaten für 2018 und den damit verbundenen Projekten, Budgetmitteln, Zuschüssen und Arbeitsprogrammen der Ämter eindeutig ablesen, dass seit der Kommunalwahl 2014 ein sozialdemokratischer Oberbürgermeister mit einer Koalition Politik gestaltet, in der die SPD die stärkste Fraktion stellt. Auch in diesem Jahr findet sich unser Profil  – hohe Investitionen in die Zukunft der Stadt, Verantwortung für Umwelt und Klimaschutz, ein hoher Stellenwert von Bildung, die bei einer guten Infrastruktur für Kinderbetreuung ansetzt, die Bekämpfung von Benachteiligung und Ausgrenzung und die Weiterentwicklung von Kultur und Soziokultur – bereits deutlich in dem Entwurf wieder, den der Kämmerer im September vorgelegt hat – denn sehr viele der dort aufgelisteten Projekte und Maßnahmen gehen auf von uns angestoßene, frühere Beschlüsse des Stadtrats und unsere Haushaltsanträge seit 2014 zurück. Dies gilt beispielsweise für den neuen KUBIC, dessen Bau bzw. Sanierung voranschreitet, dies gilt für die Mittel für die Planung der Stadt-Umland-Bahn, die Ausgaben zur Stärkung des Radverkehrs, dies gilt aber auch die Zuschüsse für Einrichtungen, die (wie das Erlanger Frauenzentrum) bis 2014 18 Jahre lang keine Chance hatten, oder die Stellen, die in den Vorjahren für wichtige Ziele wie den ErlangenPass oder Bürgerbeteiligung geschaffen wurden.

Die Positionierung der SPD-Fraktion zum Haushalt unterscheidet sich damit in dieser Wahlperiode weiterhin deutlich von den Jahren bis 2014: Es geht nicht mehr allein darum, aus unserer Sicht schwerwiegende Defizite und falsche Schwerpunktsetzungen der Haushalte unter OB Balleis zu korrigieren, sondern auch darum, auf dem bereits Erreichten aufzubauen, es weiterzuentwickeln und zu ergänzen. Zugleich führen wir konsequent die Linie finanzpolitischer Kompetenz und Verantwortung fort, die wir auch vor 2014 Jahr für Jahr unter Beweis gestellt haben und für die in ganz besonderem Maße unser im letzten Jahr verstorbener Fraktionskollege Norbert Fuchs stand. Wir halten es für unverzichtbar für eine gedeihliche Entwicklung unserer Stadt, den Spielraum an Investitionen, soweit es geht, auszunutzen: Mit einer Investitionssumme von 50 Millionen Euro in diesem und weiterhin hohen investiven Mittelansätzen für die kommenden Jahre setzen wir dies konsequent um. In diesem Bereich haben wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern daher zusätzliche Anträge zu Projekten wie der neuen Sporthalle an der Hartmannstraße, der Förderung von Barrierefreiheit, des Radverkehrs und von Energiesparmaßnahmen gestellt. Für den Bereich des Schul- und Vereinssports bleibt festzuhalten, dass angesichts der Erweiterungen und Neubaumaßnahmen bei den Hallen am MTG und am ASG ein so großer Sprung nach vorne gelingt, wie er unter der früheren Stadtratsmehrheit zu keiner Zeit erreicht wurde. Angesichts des dringend benötigten Ausbaus der Kindertagesstätten müssen wir jedoch leider den Bau des Bürgerhauses in Büchenbach um ein Jahr aufschieben. Die Planungen für dieses Projekt sollen 2019 erarbeitet werden.

Eine günstige Finanzlage dank steigender Einnahmen, die sich auch im hohen Stand der Liquidität zu Beginn dieses Jahres niederschlägt, ermöglicht es uns, trotz Investitionen in Rekordhöhe einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, der auf die Aufnahme neuer Schulden verzichtet. Die freie Liquidität in zweistelliger Höhe, die wir nach Abschluss dieses Haushaltsjahres erwarten, sichert darüber hinaus auch einen Teil der Investitionen der kommenden Jahre ab. Dieser glückliche Umstand darf jedoch nicht den Blick darauf versperren, dass weiterhin auch in unserer Stadt ein noch höherer Bedarf an Investitionen in unsere Infrastruktur besteht, den wir aufgrund der strukturellen Unterfinanzierung der kommunalen Ebene nicht decken können. Hier wie auch in den Bereichen der Bildung – ob bei der Finanzierung der Ganztagsschulen oder der Volkshochschule – , der Kultur – wie bei der Mittelausstattung des Stadtmuseums oder des Theaters und den überfälligen Investitionen in deren Gebäude – , der Soziokultur (am Beispiel E-Werk), der Armutsbekämpfung oder des öffentlichen Nahverkehrs, stoßen wir angesichts völlig unzureichender finanzieller Unterstützung durch Bund und Land immer wieder an enge Grenzen. Steuergeschenke, Steuerschlupflöcher und -paradiese, die hochgelobte „Schwarze Null“ bzw. die derzeitigen Haushaltsüberschüsse gehen zu Lasten der Kommunen und damit der unmittelbaren Lebensbedingungen der Menschen in unserem Land. Auch dies muss an dieser Stelle deutlich benannt werden.

Dies bildet den Rahmen für unsere finanzpolitischen Spielräume und stellt uns vor die äußerst schwierige Herausforderung, eine ausreichende Personalausstattung der Stadtverwaltung zu sichern. Denn auch die Umsetzung der großen Investitionsprojekte von Unternehmen und Institutionen in unserer Stadt verlangt den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in hohem Maße zusätzliche Arbeit ab. Für ihren Einsatz unter zunehmend schwierigen Bedingungen möchte ich ihnen an dieser Stelle ausdrücklich danken. Seit Jahren steigende Einwohnerzahlen, zusätzliche Aufgaben, die uns per Gesetz übertragen werden, aber auch der berechtigte Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf mehr Information, Transparenz und Beteiligung – all dies bedeutet unweigerlich, dass die Arbeitsbelastung des städtischen Personals stetig wächst und neue Stellen in nahezu allen Ämtern dringend benötigt werden. Mit einem neuen Verfahren zur Bemessung der finanzpolitisch dauerhaft verkraftbaren Ausgaben für zusätzliche Stellen versuchen wir auch in diesem Jahr, den Spagat zwischen Personalbedarf und finanziellen Zwängen zu bewältigen. Kämmerer und Personalreferent haben für 2018 dafür einen Betrag von 1,8 Millionen vorgeschlagen, der aus Sicht der SPD-Fraktion mit Blick auf unsere Verpflichtungen und Aufgaben, aber auch die große Verantwortung für die Personalfürsorge und das Arbeitsklima bei der Stadt angemessen und zugleich finanzpolitisch vertretbar ist. In diesem Punkt konnten wir uns mit der FDP-Fraktion jedoch lediglich auf die deutlich niedrigere Summe von 1,2 Millionen einigen. Hierdurch laufen wir Gefahr, die in der Ampel gemeinsam anvisierten Ziele und Projekte zu verzögern oder unvollständig umzusetzen. Dies ist für uns der einzige Schwachpunkt des Haushalts 2018, den wir als SPD selbst mitverantworten – und der uns durchaus Bauchschmerzen bereitet. Die große Übereinstimmung bei den wichtigen Schwerpunkten im Haushalt, die die Ampelkoalition unter Beweis stellt, rechtfertigt es in der Gesamtbetrachtung dennoch, einen Haushalt mit so knapp bemessener Personalressource zu beschließen.

Doch auf völliges Unverständnis stößt bei uns der erneute Versuch der CSU-Fraktion, sich mit der aus der Luft gegriffenen Zahl von lediglich 800.000 Euro für den Stellenplan auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zu Lasten der Bearbeitung wichtiger Vorhaben zu profilieren. Diese Position ist nicht nur deshalb absolut unglaubwürdig, weil in den Jahren, als die CSU die Erlanger Haushaltspolitik wesentlich bestimmt hat, mehrfach deutlich höhere Ausgaben für neue Stellen beschlossen wurden. Es empört uns, dass die CSU-Fraktion es sich dabei zugleich sehr leicht macht und die Frage, auf welche der Stellen, von denen ein Volumen von über 500.000 allein auf den Bereich der Kindertagesstätten und Schulen entfällt, wir denn in diesem Fall verzichten sollten. Ein etwas höheres Maß an Verantwortungsgefühl für unsere Stadt und das städtische Personal dürfte man durchaus auch von der Opposition erwarten!

Jenseits der großen finanzpolitischen Linien sind die jährlichen Haushaltsberatungen für die SPD-Fraktion auch Anlass, in zahlreichen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Organisationen und Vereinen sowie den städtischen Dienststellen eigene Ideen und Projekte zu entwickeln und in Anträgen zu den Arbeitsprogrammen der Ämter, ihren Budgets und Zuschüssen zu formulieren. Unsere Mittelanträge decken hier ein thematisch sehr breites Spektrum ab und spiegeln zugleich unsere politischen Schwerpunkte wider: Sie reichen von der Erhöhung des Bauunterhalts um 220.000 Euro – wobei sich hinter diesem trocken anmutenden Begriff konkrete Baumaßnahmen z. B. für die Schulhöfe der Grundschulen oder den Abenteuerspielplatz in Bruck verbergen – bis zur Zuschusserhöhung für das Erlanger Musikinstitut, den Stadtjugendring sowie für eine Reihe sozialer Einrichtungen wie die Erlanger Tafel, das Café Asyl oder das Frauenhaus. Als Erfolg verbuchen wir die Mittel für Streetwork in Büchenbach-Nord, da dieser Antrag von der Verwaltung bereits in Teilen umgesetzt wird. Auch für die Förderung der Altstadt, die Barrierefreiheit im Kunstpalais und die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Kultur und Klimaschutz haben wir zusätzliche Haushaltsmittel durchgesetzt. Die neu eingerichteten Stadtteilbeiräte stärken wir durch Mittel, die sie für eigene kleinere Maßnahmen verwenden können. Auch für die Veranstaltungsreihe zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“, die die Verwaltung gemeinsam mit externer Partnern – wie von uns 2017 beantragt – entwickelt hat, stehen auf unsere Initiative hin nun die benötigten Gelder zur Verfügung. Wir freuen uns darüber, dass die deutliche verbesserte Finanzausstattung des E-Werks, für die wir uns besonders eingesetzt haben, mit der Ampelmehrheit in den Haushalt eingestellt wurde. Die hohe Priorität, die wir der Armutsbekämpfung einräumen, ist daran ablesbar, dass wir in Übereinstimmung mit den Ampelpartnern für zusätzliche Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit, die vom „Ratschlag Soziales“ erarbeitet wurden, Mittel in Höhe von fast 240 Tausend Euro bereitstellen.

Auch in diesem Jahr verliefen die Beratungen in den Ausschüssen sachlich und konstruktiv, die Anträge der verschiedenen Fraktionen wurden gemeinsam diskutiert, häufig unterschiedlich bewertet, aber auch mit Kompromissbereitschaft und mit teilweise breiter Zustimmung aufgenommen – und das ist in diesen Zeiten beileibe keine Selbstverständlichkeit. Im Namen meiner Fraktion möchte ich mich deshalb bei allen Stadtratskolleginnen und -kollegen dafür ausdrücklich bedanken. Der Oberbürgermeister, die Bürgermeisterinnen bzw. Referentinnen und Referenten haben durch ihre Begleitung und Leitung und den offenen Umgang mit Informationen und Fragen den erfolgreichen Abschluss dieser Haushaltsberatungen ermöglicht – auch dafür herzlichen Dank, ebenso wie für die Gesprächsbereitschaft der Amtsleitungen und des Personalrats. Besonders hervorheben möchte ich die kompetente Arbeit des Kämmerers und seines Teams sowie des Personalreferenten und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne deren Rat, Einsatz und Geduld die Tätigkeit von Stadtratsmitgliedern gerade in Bezug auf den Haushalt kaum möglich wäre. Auch die Arbeit des Sitzungsdienstes, der uns nicht nur während der Haushaltsberatungen stets zuverlässig und geduldig unterstützt, möchte ich hervorheben. Unser abschließender Dank richtet sich an die große Zahl von Organisationen, Vereinen und Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit ihren Anliegen an uns gewandt haben, und an die Erlanger Nachrichten, die dafür sorgen, dass Verlauf und Ergebnis der Haushaltsberatungen und auch die unterschiedlichen Positionen der Fraktionen in der Öffentlichkeit wahrnehmbar werden.

Der Haushalt für 2018 trägt eine eindeutig sozialdemokratische Handschrift. Mit einem sehr hohen Investitionsvolumen gestalten wir die zukünftige Entwicklung unserer Stadt. Schritt für Schritt setzen wir unsere Ziele in den Bereichen Bildung, Umwelt und Verkehr, Wohnen, soziale Teilhabe und Bürgerbeteiligung weiter um und arbeiten daran mit, die Lebensbedingungen für alle Menschen in unserer Stadt zu verbessern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.

Klare Schwerpunkte trotz engerer Spielräume – Haushalt 2016: Rede von Barbara Pfister

– Es gilt das gesprochene Wort –

Wir beraten heute nicht über ein undurchsichtiges Zahlenwerk, sondern über die konkrete Grundlage für das Handeln der Stadt Erlangen im Jahr 2016 und darüber hinaus, über wichtige Entscheidungen für die Zukunft unserer Stadt, ihre Attraktivität, ihre Chancen und ihren sozialen Zusammenhalt. Es geht darum, in dieser wichtigsten Stadtratssitzung des Jahres der Wahrnehmung vieler Menschen, Politik sei von Hilflosigkeit und Unzuverlässigkeit geprägt, Transparenz, eine faire Debatte, Glaubwürdigkeit und Gestaltungswillen entgegenzusetzen und für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar zu vermitteln.

Leider hat sich an den kritischen Rahmenbedingungen kommunaler Haushaltspolitik, der völlig unzureichenden Finanzausstattung der Kommunen, wenig geändert. Deutlich höhere Investitionen wären hier wie in anderen Städten nötig, um unsere Infrastruktur zu erhalten und neuen Herausforderungen anzupassen. Zugleich nimmt die soziale Spaltung in unserem Land nach wie vor weiter zu, das Vermögen ist immer ungerechter verteilt: In Deutschland besitzt das reichste Zehntel der Bevölkerung inzwischen zwei Drittel des Vermögens. Vor dem Hintergrund wachsender sozialer Ungleichheit, der Wohnungsnot in vielen Städten, der Herausforderung, Flüchtlinge aufzunehmen und rasch zu integrieren, der fehlenden Finanzmittel für Integrations- und Sprachkurse, für wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und der immer wieder aufgeschobenen Herstellung echter und umfassender Barrierefreiheit erscheint die Tatsache, dass der Bund nicht nur eine „schwarze Null“ erreicht, sondern sogar einen Haushaltsüberschuss, den Kommunen als blanker Hohn. Auch der Freistaat Bayern erreicht seine „schwarze Null“ auf Kosten der Kommunen.

Haushalt 2015: Rede von Barbara Pfister

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Vertreter/innen der Presse und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,

die Haushaltssitzung ist ohne Zweifel der wichtigste Tag im Stadtratsjahr, zumal im ersten Jahr einer neuen Mehrheit. Es ist dies der Zeitpunkt, über Absichtserklärungen hinaus nun Farbe zu bekennen und wichtige Ziele mit Finanzmitteln zu unterlegen, sich für den Vorrang bestimmter Projekte und damit – zumindest vorerst – gegen andere zu entscheiden. Es ist auch der Moment, wo der Oberbürgermeister erkennt, ob die Mehrheit des Stadtrates seine politischen Ziele stützt und wo sich zeigt, ob eine Koalition trägt. Was dies angeht, bin ich für die heutige Abstimmung äußerst optimistisch.

Rede der Fraktionsvorsitzenden Barbara Pfister zur Konstituierung des neuen Stadtrats

Nach den Kommunalwahlen am 16. März traf sich der neu gewählte Erlanger Stadtrat am 05. Mai zu seiner konstituierenden Sitzung. In ihrer ersten Rede als Fraktionsvorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion brachte Barbara Pfister  ihre Vorfreude auf die nächsten 6 Jahre der konstruktiven Arbeit, in der die SPD mit den übrigen Parteien, aber vor allem mit den Bürgerinnen und Bürgern Erlangens, gemeinsam die Stadt gestalten möchte.

Haushalt 2014: SPD sichert finanzielle Handlungsfähigkeit Erlangens

Mit Geldern für die StUB in Höhe von einer Million Euro, Planungsmitteln für die Sanierung des Frankenhofs in Höhe von 250.000 Euro und der schon vor Beginn der Haushaltsberatungen auf den Weg gebrachten Lösung in der Bäderfrage hat die SPD-Fraktion im Haushalt der Stadt Erlangen 2014 gleich mehrere kleine und große Erfolge erzielt.

Vor allem aber gelang es der Fraktion zu verhindern, dass CSU und FDP die Stadt Erlangen auf einen finanzpolitischen Harakirikurs steuern. Angeführt vom Oberbürgermeister hatten sie vorgeschlagen, das Defizit im Haushalt dadurch zu verringern, auf eine große Steuereinnahme zurückzugreifen, von der noch gar nicht sicher ist, ob die Stadt sie überhaupt behalten darf. Ist das nicht der Fall, drohen Rückzahlungen im zweistelligen Millionenbereich künftige Haushalte der Stadt massiv zu belasten.

Haushalt 2013: Rede von Dr. Florian Janik

Am 7. Februar beschloss der Erlanger Stadtrat gegen die Stimmen der SPD-Fraktion den Haushalt für das Jahr 2013. Die Gründe für die Ablehnung erläuterte Fraktionsvorsitzender Dr. Florian Janik in seiner Haushaltsrede.

Hier finden Sie die Rede als pdf.

Offen aus Tradition

Jahresschlussrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Florian Janik im Erlanger Stadtrat am 13. Dezember 2013
– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

lassen Sie mich meine Jahresschlussrede unter ein ungewöhnliches Weihnachtsmotto stellen: „Offen aus Tradition“ – so zitiert man es gerne und oft in unserer Stadt, und eigentlich hätte es auch so etwas wie das Motto für dieses Jahr sein können und sollen.

Aber, Sie erinnern sich? Unser Erlangen war am Anfang des Jahres bundesweit in den Schlagzeilen wegen eines gnadenlosen Sheriffs, der in der Ausländerbehörde vermeintlich für Recht und Ordnung sorgte. Und dieses Thema, der Umgang mit Flüchtlingen, die auf der Suche nach Schutz zu uns kommen, bewegte uns das ganze Jahr. Mit der Ankündigung der Regierung von Mittelfranken, Flüchtlinge in einer größeren Zahl demnächst Erlangen zuzuweisen, hat das Thema wieder an Brisanz gewonnen.

Und was hat das mit Weihnachten zu tun, fragen sie sich jetzt vielleicht? Sehr viel, meine ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn Flucht und Flüchtlinge, Not und Unbarmherzigkeit passen gut zu Weihnachten und zur Weihnachtsgeschichte – ja sind sogar eine wichtige Botschaft dieses Festes. Maria und Josef waren zwar nicht direkt auf der Flucht, aber freiwillig war die Hochschwangere kurz vor der Entbindung sicher nicht auf einem Esel unterwegs. Sie mussten zur Volkszählung nach Bethlehem; sie waren in der Fremde, weit weg von zu Hause, suchten Schutz und Unterkunft. Auch wenn Herbergen nicht mehr frei gewesen sein sollen, einen Platz im Stall stellte man Ihnen großzügig zur Verfügung. Und den Rest der Geschichte kennen wir ja alle.

Leider gehen moderne Flüchtlingsgeschichten nicht immer so gut aus. Man kann und muss sogar sagen, dass sie in der Regel deutlich schlechter ausgehen. Viele der Menschen, die aus Ihren Heimatländern fliehen müssen, schaffen es nicht weit. Und die wenigen, die es bis an Europas Südflanke schaffen, werden dort von Frontex, dem Bundesgrenzschutz der EU, in der Regel aufgegriffen und – wenn es Ihnen gut ergeht – in Sammellagern interniert und dann wieder in das vermeintliche Herkunftsland, oft aber nur auf der anderen Seite des Mittelmeers, abgeschoben. Und dass es einigen von diesen noch viel übler ergeht und Frontex dann und wann auch vor massivem Gewalteinsatz nicht zurückschreckt, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Es wird ja bereits in den Spielfilmen am Sonntagabend in die Wohnzimmer der Republik gesendet.

Ja und die, die es doch irgendwie schaffen nach Deutschland zu kommen, werden in Lagern untergebracht, anschließend in Sammelunterkünften und dann meist abgeschoben. Und das geschieht manchmal so, dass man mit seinem gesunden Menschenverstand nicht nachvollziehen kann, wie eine solche Praxis rechtmäßig sein kann. In Erlangen haben wir solche Fälle ja leider auch erleben müssen. Mitten in der Nacht wird da angerückt um abzuschieben. Familien werden auseinandergerissen, usw. Nur die wenigsten erhalten dauerhaft die Möglichkeit, sich in unserem Land anzusiedeln und hier heimisch zu werden. Und man hat den Eindruck, dass manche, ja zu viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger dies nicht nur richtig finden, sondern es geradezu begrüßen und fordern.

Ist das Offen aus Tradition? Sicher nicht.

Aber war es denn jemals anders? Wenn ja, dann doch wohl in Erlangen. Irgendwo muss das Motto ja herkommen. Aber leider ist da auch der Blick in unsere Geschichte nicht so erfreulich, wie wir uns das gerne zurechtlegen. Die Hugenotten, also protestantische Glaubensflüchtlinge, wurden in Erlangen anfangs eben auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Im Gegenteil. Der Unmut in der Bevölkerung war groß, wurden die Neuankömmlinge doch zunächst für eine Übergangszeit in den bestehenden Häusern untergebracht. Und wer rückt schon gerne so eng zusammen? Aber die Erlanger hatten damals keine Wahl. Der zuständige Adlige verfügte Ihre Aufnahme und hatte dabei wohl nicht nur Mitleid mit der armen protestantischen Glaubensbrüdern, sondern versprach sich vor allem auch wirtschaftlichen Aufschwung, denn die Hugenotten waren ausgezeichnete Handwerker. Und als einige Zeit später wieder Glaubensflüchtlinge, diesmal katholische, nach Erlangen kommen sollten, wehrten sich die Erlanger Seite an Seite mit den schon erlangerisierten Hugenotten gegen die Neuankömmlinge und setzten sich durch.

Wie ist das also mit dem „Offen aus Tradition“? Sind wir Erlanger offen, weil wir es immer schon gewesen sind. Wohl eher nicht. Sind wir heute überhaupt offen gegenüber Menschen, die zu uns kommen. Nun ja, sicherlich, die vielen internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Weltfirmen werden mit Ihren Familien in der Regel gut aufgenommen bei uns. Und auch die internationalen Gäste der Universität werden meist unspektakulär angenommen. Sie fallen uns ja auch nicht zur Last. Und bis auf ein paar unverbesserliche Rassisten, stört das hier niemanden.

Aber wie ist es, wenn es nicht so einfach ist? Wenn man zusammenrücken muss, weil ein Container in die Nachbarschaft kommen soll? Wenn man an die Stimmung auf der Versammlung vor kurzem hier im Ratssaal zu den Flüchtlingscontainern denkt, kommen einem da große Zweifel. Was ist da los? Warum fällt es vielen von uns so schwer, Mitleid für Flüchtlinge zu empfinden?

Meinen wir wirklich, dass diese Menschen nur zu uns kommen, weil wir hier unsere Sozialleistungen ein bisschen erhöhen? Überlegen wir doch mal! Wie hoch müssten die Sozialleistungen in, sagen wir mal Schweden sein, damit Sie hier Ihre Sachen packen und sich auf nach Schweden machen würden? Aber nicht als EU-Bürger mit allen Rechten, sondern als in seinen Grundrechten stark eingeschränkter Flüchtling. Mit Sammelunterkunft, Residenzpflicht und mit minimalem Taschengeld. Würden Sie dafür Ihre Familie, ihre Freunde, ihre Heimat einfach hinter sich lassen? Als hockerter Franke?

Oder fühlen wir uns bedroht? Fürchten wir uns vor den Fremden, vor dem, was wir nicht kennen und von dem wir nicht wissen, wie es sein wird? In einer Zeit, in der die Verunsicherung und die Unsicherheit immer weiter in alle Lebensbereiche dringen, erscheint es nur konsequent, dass man versucht neue Unsicherheiten zu verhindern, wenn man es kann. Aber bei allem Verständnis für dieses Gefühl, reicht es aus, damit wir uns das Recht herausnehmen, uns vor der Not der Menschen zu verschließen?

Ich glaube, wir müssen uns klar machen und immer wieder klar machen, dass Flüchtlinge zu allererst unser aller Mitgefühl verdienen. Damit Menschen Ihre Heimat zurücklassen, reicht es nicht, dass es Ihnen einfach nur schlecht geht. Die Situation muss unerträglich oder gar lebensbedrohend sein. Diskriminierung, Unterdrückung, Not oder Schlimmeres müssen auf der Tagesordnung stehen. Wie bei den Sinti und Roma, die derzeit aus Osteuropa zu uns kommen. Wie es Ihnen dort in Ihrer Heimat ergeht, kann man in vielen auch offiziellen Quellen nachlesen. Und ob es sich nur um sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ oder um echte politisch oder aus einem anderen Grund Verfolgte handelt, sollte dabei keine Rolle spielen. Ob die Menschen hierher fliehen, weil Sie in Ihrer Heimat keine Perspektive zum ökonomischen oder zum realen Überleben sehen, ist zwar ein juristischer Unterschied, ein moralischer sollte es aber nicht sein.

Wozu taugt es denn nun, dieses unser Motto „Offen aus Tradition“. Was ist es wert? Es eignet sich jedenfalls nicht, um es als Monstranz vor sich herzutragen. Ich denke, es muss für uns vielmehr Anspruch sein – Anspruch an jedem neuen Tag.

  • Es soll uns motivieren an jedem Tag zu versuchen, den Menschen, die auf der Suche nach Schutz zu uns kommen, zu helfen, wo wir können.
  • Es soll uns animieren auch in der Öffentlichkeit den dumpfen Parolen entgegenzutreten, die sich gegen Migranten und Migrantinnen richten.
  • Es kann uns die Kraft geben, denjenigen die Angst zu nehmen, die der Aufnahme von Flüchtlingen mit Sorge entgegensehen.
  • Und es kann uns den Mut geben, Probleme, egal wo sie auftreten, nicht wegzuleugnen oder zu übertünchen, sondern sie anzugehen und gemeinsam mit den Menschen zu lösen.
  • Es soll für uns Ansporn sein, eine Stadtgesellschaft zu schaffen, die die Arme ausbreitet und die Menschen willkommen heißt, egal woher sie kommen und warum sie zu uns kommen.

„Offen aus Tradition“ ist nicht zuerst ein Logo für den Briefkopf und es ist kein Werbeslogan für das gute Image. Es richtet sich nicht nach außen, es richtet sich nach innen. Es richtet sich an uns selbst. Es ist ein Motto und es geht um das, was wir tun und nicht um das, was wir gerne vorgeben zu sein.

Zurück zur Weihnachtsgeschichte und zu einem Gedicht von Eduard Dietz:

Kein Platz in der Herberge

Zwei Menschen
ohne Obdach.
Eine werdende Mutter,
die nicht weiß,
wohin mit ihrem Kind.

Zwei Menschen,
die bald drei sein werden,
allein in einer fremden Stadt,
ohne Hilfe,
und kein Platz in der Herberge.

War das vor zweitausend Jahren?
Oder voriges Jahr?
Oder gestern?
Oder ist das nicht
jeden Tag,
irgendwo auf der Welt?

Lassen Sie mich zum Abschluss noch Danke sagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Dank gilt Ihnen allen für die gute Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Mein Dank in Ihrer aller Namen geht auch an den Oberbürgermeister, die Bürgermeisterinnen, die Referentenrunde, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der städtischen Töchter für die geleistete Arbeit in diesem Jahr. Ihnen Frau Lotter und Herr Friedel gilt mein besonderer Dank für die rundum gute Betreuung der Stadträte bei Ihrer Arbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, ich wünsche Ihnen und allen Menschen, die in unserer Stadt leben, egal woher sie gekommen sind und aus welchem Grunde sie hier bei uns leben, frohe Weihnachten und einen guten Start in das Jahr 2013.