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Klare Schwerpunkte trotz engerer Spielräume – Haushalt 2016: Rede von Barbara Pfister

– Es gilt das gesprochene Wort –

Wir beraten heute nicht über ein undurchsichtiges Zahlenwerk, sondern über die konkrete Grundlage für das Handeln der Stadt Erlangen im Jahr 2016 und darüber hinaus, über wichtige Entscheidungen für die Zukunft unserer Stadt, ihre Attraktivität, ihre Chancen und ihren sozialen Zusammenhalt. Es geht darum, in dieser wichtigsten Stadtratssitzung des Jahres der Wahrnehmung vieler Menschen, Politik sei von Hilflosigkeit und Unzuverlässigkeit geprägt, Transparenz, eine faire Debatte, Glaubwürdigkeit und Gestaltungswillen entgegenzusetzen und für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar zu vermitteln.

Leider hat sich an den kritischen Rahmenbedingungen kommunaler Haushaltspolitik, der völlig unzureichenden Finanzausstattung der Kommunen, wenig geändert. Deutlich höhere Investitionen wären hier wie in anderen Städten nötig, um unsere Infrastruktur zu erhalten und neuen Herausforderungen anzupassen. Zugleich nimmt die soziale Spaltung in unserem Land nach wie vor weiter zu, das Vermögen ist immer ungerechter verteilt: In Deutschland besitzt das reichste Zehntel der Bevölkerung inzwischen zwei Drittel des Vermögens. Vor dem Hintergrund wachsender sozialer Ungleichheit, der Wohnungsnot in vielen Städten, der Herausforderung, Flüchtlinge aufzunehmen und rasch zu integrieren, der fehlenden Finanzmittel für Integrations- und Sprachkurse, für wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und der immer wieder aufgeschobenen Herstellung echter und umfassender Barrierefreiheit erscheint die Tatsache, dass der Bund nicht nur eine „schwarze Null“ erreicht, sondern sogar einen Haushaltsüberschuss, den Kommunen als blanker Hohn. Auch der Freistaat Bayern erreicht seine „schwarze Null“ auf Kosten der Kommunen.

In Erlangen haben wir es nach einem relativ gut gestellten Haushalt für 2015 diesmal mit erschwerten Beratungen unter großem finanziellen und auch zeitlichen Druck zu tun, da die Gewerbesteuereinnahmen für 2016 drastisch einbrechen – wobei wir hoffen, dass sich dies für 2017 nicht wiederholen wird. Inzwischen wissen wir zudem, dass sich die Finanzlage durch höhere Schlüsselzuweisungen wieder etwas entspannter darstellt, als wir es noch im November und Dezember erwarten mussten.

In dieser schwierigen Situation haben alle Ämter und Referate im gesamtstädtischen Interesse dazu beigetragen, einen tragfähigen Haushalt zu sichern, Oberbürgermeister und Kämmerer haben diesen Prozess mit großer Umsicht geleitet, wofür alle Beteiligten unsere ausdrückliche Anerkennung verdienen. Die Ampelkoalition hat bewiesen, dass sie auch unter schwierigen Vorzeichen ihrer finanzpolitischen Verantwortung gerecht wird. Im Sinne gemeinsamer – aber auch in einzelnen Punkten jeweils eigener – Ziele und Prioritäten haben SPD, GL und FDP das Volumen ihrer ursprünglich gestellten Haushaltsanträge stark reduziert, auch die SPD-Fraktion hat so mehrere Haushaltsanträge zurückgezogen. Die Schulsanierungen werden wie geplant fortgesetzt – einschließlich der ASG-Turnhalle, bei der wir den Kürzungsvorschlag der Verwaltung heute abgelehnt haben – das BBGZ kann jedoch in der aktuellen Haushaltslage vorerst nicht realisiert werden. Dass wir trotz kurzfristig verschärfter Rahmenbedingungen Investitionen in Höhe von über 25 Mio. Euro realisieren werden und dabei die Neuverschuldung auf verkraftbare 3,5 Millionen begrenzen können, zeigt, dass wir dabei das Gleichgewicht zwischen maßvoller Verschuldung und wichtigen Sanierungen und Neuinvestitionen wahren. Denn nach wie vor gilt: Das falsch gesparte Geld von heute wird zu den verschenkten Chancen von morgen.

Im Bereich der Personalausgaben kommt es in diesem Jahr zu einer neuen Form der Zusammenarbeit von Verwaltung und Stadtrat durch ein verändertes Stellenplanverfahren, das die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt mittel- und langfristig sichern soll. Ein von Kämmerei und Personalreferat berechnetes Volumen für den Stellenplan wird durch die Priorisierung der Vorschläge von Ämtern und Referaten in transparenter Weise dem Stadtrat vorgelegt. Die SPD-Fraktion hat hier großen Wert darauf gelegt, sich an die finanziellen Vorgaben zu halten, sich ausführlich mit den Priorisierungen auseinandergesetzt und an einigen Stellen auch Veränderungen vorgenommen, wo wir es politisch für sinnvoll gehalten haben, zum Beispiel, um der Werner von Siemens Realschule die dringend benötigte Schulsozialarbeit zu ermöglichen. Dabei ist uns durchaus bewusst, dass der Bedarf an zusätzlichem Personal angesichts neuer Aufgaben und erheblicher Arbeitsbelastung in einigen Ämtern deutlich höher liegt. Hier wird es in einer Weiterentwicklung des neuen Verfahrens in den kommenden Jahren darauf ankommen, in stärkerem Maße bestehende Aufgaben und die Art und Weise, wie sie erledigt werden, neuen Aufgaben gegenüberzustellen und abzuwägen. Deutliche Kritik können wir an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion nicht ersparen: Es ist wohlfeil, trotz erheblichen zusätzlichen Personalbedarfs zur Versorgung der Flüchtlinge eine gegriffene, deutlich niedrigere Summe für den Stellenplan zu beantragen – dabei jedoch die Antwort schuldig zu bleiben, welche der jetzt vorgeschlagenen Stellen die CSU dafür konkret streichen würde.

Auch der Haushalt des Jahres 2016 lässt eine eindeutige sozialdemokratische Handschrift erkennen. Wichtige Projekte, für die wir uns seit vielen Jahren eingesetzt haben, können mit dem Haushalt 2016 verwirklicht werden: Hier sind insbesondere für uns zentrale Vorhaben zu nennen wie die Sanierung des Frankenhofs, das Freibad West, der Abschluss des Jugendtreffs Innenstadt. Der Einstieg in den Masterplan für das Berufsschulzentrum mit Mitteln für den Werkstättentrakt und die Planungsmittel für die Erweiterung der FOS-BOS stehen für unser Bekenntnis zum Stellenwert der Bildung. Auch wenn die Haushaltslage uns in diesem Jahr keinen Spielraum gelassen hat für die Realisierung des Bürgerzentrums im Erlanger Westen, das wir im nächsten Jahr weiterverfolgen wollen, können wir auch im Bereich der Investitionen z. B. mit der Toilette für Alle eigene Akzente setzen – eine vergleichsweise geringe Investition, die für uns jedoch mit unserem übergeordneten Ziel einer Stadt für Alle, d. h. mit mehr sozialer Inklusion und Integration und mehr Teilhabemöglichkeiten aller Menschen in Erlangen eng verbunden ist. Dies ist unsere Vision für Erlangen, zu der auch das Thema einer nachhaltigen und lebenswerten Stadt gehört, weshalb für uns das Ziel “Mehr Grün in der Stadt“, die Förderung des Radverkehrs und insbesondere die Weiterentwicklung des ÖPNV unverzichtbar sind. Nach dem hoffentlich positiven Ausgang des Bürgerentscheids am 6. März für die Stadt-Umland-Bahn, die die Mobilität von morgen und die wirtschaftliche Entwicklung in unserer Region sichern kann, müssen wir daher im Laufe dieses Jahres die nötigen Mittel für erste vorbereitende Schritte bereitstellen. Der CSU-Fraktion, die in der Opposition ihr Herz für Visionen – verbal – entwickelt zu haben scheint, und sich derzeit in dem Versuch verrennt, ein im besten Sinne visionäres Verkehrsprojekt zu blockieren, sei ein Blick auf das Projekt „Morgenstadt“ des Frauenhofer Instituts in Stuttgart empfohlen: Der Weg zur zukunftsfähigen Stadt führt über neue, leistungsfähige Verkehrskonzepte.

„Erlangen als Stadt für Alle“ – diese Ausrichtung unserer Kommunalpolitik spiegelt sich auch in weiteren Anträgen wider, die wir zu den Arbeitsprogrammen und den Budgets der Ämter gestellt haben. Besonders stolz sind wir darauf, dass eines der wichtigsten Projekte der SPD-Fraktion und ihres Oberbürgermeisters jetzt bereits umgesetzt wird: Der Erlangen Pass, den wir weiterentwickeln wollen, bedeutet einen wichtigen Schritt zu mehr Teilhabe und weniger Exklusion. Mit dem Einstieg in das Dyskalkulie-Projekt wollen wir Bildungsgerechtigkeit fördern, mit der Erhöhung der Zuschüsse für das Frauenhaus und die Kindergruppe, mit der Einrichtung einer Rettungsinsel und einer Sensibilisierungskampagne sexualisierte Gewalt bekämpfen – die die SPD im Übrigen nicht erst seit den jüngsten Ereignissen als gravierenden Missstand in unserer Gesellschaft benennt. Ein neues Beteiligungsprojekt für Kinder und Jugendliche macht ebenso wie die bevorstehende Einführung von Stadtteilbeiräten deutlich, dass mehr Demokratie in unserer Stadt für uns kein Lippenbekenntnis ist, sondern in konkreten Schritten verwirklicht wird. Die Verpflichtung auf Solidarität endet für uns jedoch nicht an den Stadt- oder Landesgrenzen: Auf Antrag der SPD-Fraktion werden daher höhere Mittel für die Unterstützung unserer Partnerstadt San Carlos in den Haushalt eingestellt.

Zum Abschluss möchte ich mich für den fairen und sachlichen Diskussionsstil dieser Haushaltsberatungen im Namen der SPD-Fraktion bei allen Stadtratskolleginnen und –kollegen bedanken. Der Stadtspitze aus Oberbürgermeister und Referentinnen und Referenten sowie den Amtsleitungen und dem Personalrat gebührt ebenfalls Dank für die ausführlichen Informationen und den Gedankenaustausch. Einen besonderen Dank richten wir an Sie, Herr Beugel, Herrn Knitl und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kämmerei sowie an Sie, Herr Ternes, und das Personal- und Organisationsamt. Auch die Arbeit des Sitzungsdienstes, von Herrn Friedel und Frau Lotter, die auch langwierigere Beratungen stets zuverlässig und freundlich begleitet haben, möchte ich positiv hervorheben. Unser abschließender Dank gilt den Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit ihren Anliegen an uns gewandt haben, und natürlich den Erlanger Nachrichten, die dafür sorgen, dass unsere Beratungen öffentlich wahrnehmbar sind.

Die SPD-Fraktion stellt mit diesem Haushalt erneut ihre finanzpolitische Kompetenz und ihr Verantwortungsbewusstsein unter Beweis und bleibt dabei ihren grundsätzlichen Zielen und der Umsetzung ihres Wahlprogramms verpflichtet. Gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern wirken wir daran mit, ein sozial gerechteres, demokratischeres und zukunftsfähiges Erlangen zu gestalten.