Es ging und geht uns mit unserem Antrag darum, eine Form des Gedenkens zu finden, die die Menschen in unserer Stadt zum Stolpern und damit zum Nach-denken bewegen soll – zum Nachdenken darüber, was mit den ehemaligen jüdischen Mitbürgern in Erlangen geschehen ist. Warum statt ihrer Nachkommen, die mit ihnen deportiert und umgebracht wurden, Steine an sie erinnern müssen.
Als wir am 27. Januar zu der Gedenkveranstaltung für die Opfer der National-sozialisten in der Hugenottenkirche die Eindrücke der jungen Menschen vom Konzentrationslager Auschwitz hörten, wurde deutlich, dass die Bereitschaft besteht, sich mit der Geschichte und der Verantwortung für die Zukunft
auseinander zu setzen.
Mir wurde auch klar, dass es auch eines Anlasses des Erinnerns bedarf und ich meine, ein dauernder, täglich sichtbarer und dazu her- ausfordernder Anlass könnte diese Erinnerung stetiger werden lassen. In diesem Zusammenhang hielt ich auch den Satz Pfarrer Manns für sehr richtig: „Wir stolpern über Steine, die sprechen wollen“ in Anlehnung an den Bibeltext, dass Steine sprechen müssten, wenn Menschen dies nicht mehr könnten.
Gerade dass die Stolpersteine dort verlegt werden sollen, wo die Opfer einst als Bürger dieser Stadt lebten, hält die Erinnerung an dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit wach und holt damit hoffentlich auch sie selbst symbolisch an ihren Ort zurück. Die Steine geben ihnen wieder Namen und erzählen mit Ort und Jahreszahl, was aus ihnen geworden ist und geben ihnen symbolisch die Stelle im heutigen Leben, die ihnen so grausam entnommen wurde. Und: dieser Art des Anstoßes zur Erinnerung kann nicht ausgewichen werden.
Aus diesem Grund halte ich auch Gedenktafeln an Häusern für weniger günstig. Man muss sie nicht beachten und – gerade in der Innenstadt – müssten sie mit banaler Werbung konkurrieren. Ein Stein auf dem jüdischen Friedhof ehrt die Toten und erinnert die Lebenden, aber eben nur diejenigen, die sich dem Gedenken ohnehin aussetzen. Gerade Jugendliche – und die sind verantwortlich für die Weitergabe an die Zukunft – können Stolpersteine zum Nachdenken bringen, vor allem dann, wenn sie darauf auch in anderen Städten stoßen und damit die vollkommene Schutzlosigkeit der Juden und anderer Verfolgter in der Zeit des Nationalsozialismus in ganz Deutschland erfahren können. Mit mittlerweile über 5000 Steinen in über 100 Städten wird dies auf ganz besondere Weise dokumentiert.
Die Stolpersteine wären so in ihrer „Unvergänglichkeit“ (Stein und Messing) und ihrer „Unentrinnbarkeit“ in den Gehwegen ein dauerndes, deutschlandweites Mahnmal, das die Opfer nicht mehr unbekannte, namenlose Fremde sein lässt, sondern Menschen, die mit den eigenen Eltern oder Großeltern Haus an Haus wohnten.
Selbstverständlich respektieren wir die Bedenken noch lebender Angehöriger, die diese Art des Mahnens und Erinnerns für problematisch halten. Ich denke aber, dass die Wirkung der Stolpersteine eine andere als die befürchtete ist: Im Geschichtsunterricht habe ich viele Schülerinnen und Schüler nach ihrer Meinung zu den Stolpersteinen (mit der Quelle „Jüdische Allgemeine“ vom 8.7.04) gefragt. In der überwiegenden Mehrzahl hielten sie die Stolpersteine gerade in der örtlichen Einbindung für ein Mahn/Denkmal, das sie zum Nachdenken bewegen würde.
Frau Sponsel hat die Diskussion um die Stolpersteine mit großem Wissen und mit hoher Verantwortlichkeit begleitet und engagiert und transparent über ihre Recherchen berichtet, in deren Verlauf sie sowohl mit prominenten Vertretern des Judentums als auch mit noch erreichbaren Nachkommen Kontakt aufgenommen hatte. Gerade die herausragenden jüdischen Persönlichkeiten sind von der Sinn-haftigkeit der Stolpersteine überzeugt. Für diesen engagierten Einsatz bedanke ich mich bei Frau Sponsel ganz herzlich.
Ursula Lanig, Kulturpolische Sprecherin der SPD-Fraktion Erlangen