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Rede der Fraktionsvorsitzenden Barbara Pfister zur Konstituierung des neuen Stadtrats

Nach den Kommunalwahlen am 16. März traf sich der neu gewählte Erlanger Stadtrat am 05. Mai zu seiner konstituierenden Sitzung. In ihrer ersten Rede als Fraktionsvorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion brachte Barbara Pfister  ihre Vorfreude auf die nächsten 6 Jahre der konstruktiven Arbeit, in der die SPD mit den übrigen Parteien, aber vor allem mit den Bürgerinnen und Bürgern Erlangens, gemeinsam die Stadt gestalten möchte.

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

liebe städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

verehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,

Herr Oberbürgermeister,

die Reihenfolge meiner Anreden wähle ich heute bewusst der offiziellen Rangordnung entgegengesetzt: Denn die Menschen in dieser Stadt stehen für uns als deren gewählten Vertretung an erster Stelle.

Die neue Wahlperiode des Stadtrates steht im Zeichen des Neuanfangs und der Veränderung, baut zugleich auf positiven Entwicklungen und bewährten Ansätzen der vergangenen Jahre auf. Die Erlanger Bürgerinnen und Bürger haben mit überwältigender Mehrheit einen sozialdemokratischen Oberbürgermeister beauftragt, gemeinsam mit dem Stadtrat, in dem die bisherige Koalition ihre Mehrheit verloren hat, unsere Stadtgesellschaft zu gestalten. Diesen Auftrag wollen wir in Zusammenarbeit mit Grünen und FDP umsetzen. Die Grundlage, die wir hierfür vereinbart haben, zeugt von einer großen Zahl an Gemeinsamkeiten und übereinstimmender Schwerpunktsetzung für die kommenden Jahre. Um gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, müssen alle drei Fraktionen in der Stadtspitze sichtbar vertreten sein, was durch die von uns beantragten Veränderungen der Referatsstruktur und die Wahl je einer Bürgermeisterin unserer Partner gelingen wird. Bei diesem Neuanfang ergibt sich die Besetzung von Positionen an der Stadtspitze aus den Zielen, die wir in unserer Stadt umsetzen wollen. Die SPD hat in diesem Bewusstsein darauf verzichtet, eine Vertretung in den Führungspositionen, die den Größenverhältnissen innerhalb der Ampelkoalition entspräche, einzufordern. Im Vordergrund stehen für uns die Aufgaben, die wir im Interesse der Menschen unserer Stadt in den kommenden sechs Jahren bewältigen wollen.

Die inhaltlichen Eckpunkte, auf die sich SPD, Grüne Liste und FDP verständigt haben, stellen nicht zufällig das Bekenntnis zu einem neuen Politikstil im Sinne von Transparenz, Dialog und Beteiligung an den Anfang. Hier möchte ich an die Ausführungen unseres Oberbürgermeisters anknüpfen.

Gemeinsam wollen wir die Entwicklung unserer Stadt aktiver gestalten und mehr Verantwortung übernehmen und dabei die Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Verbände, Initiativen, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Unternehmen und ihre Interessensverbände einbeziehen. Bürgerschaftlichem Engagement wollen wir durch verlässliche Unterstützung mehr Raum bieten.

Die Politik im Rathaus folgt mit einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister und einer neuen Stadtratsmehrheit veränderten Prioritäten. Ziel der SPD ist eine solidarische, demokratische Stadtgesellschaft, wo niemand zurückbleibt und alle Menschen vielfältige Möglichkeiten haben, ihre Stadt mitzugestalten, in der Frauen und Männer gleiche Rechte und Chancen haben und niemand aufgrund seiner Lebensweise diskriminiert oder aufgrund einer Behinderung ausgeschlossen wird. Uns ist bewusst, dass wir von dieser Vision heute weit entfernt sind – ein Blick auf die erschreckend niedrige Wahlbeteiligung mag hier als Hinweis dienen – und dass zwischen demokratischer Beteiligung und der Lebenssituation vieler Menschen, konkret: auch der Frage von Armut und Wohnungsnot und vielfältigen Formen der Ausgrenzung – auch in Erlangen ein zentraler Zusammenhang besteht. Unserer Überzeugung nach leiden wir alle in unserer Stadt darunter, wenn Menschen ausgeschlossen bleiben.

Auch den Dialog mit den städtischen Beschäftigten und ihrer Interessensvertretung sowie den städtischen Dienststellen wollen wir wieder in Gang bringen, um die Zusammenarbeit von Stadtrat und Verwaltung sowie zwischen den einzelnen Bereichen der Stadt und ihren Töchtern zu stärken. Selbstverständliche Voraussetzung dafür ist für uns der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen für die gesamte Wahlperiode.

Allen Fraktionen und Gruppierungen, allen Mitgliedern dieses Stadtrats gilt unser Angebot, in fairer Diskussion und konstruktiver Zusammenarbeit um die besten Lösungen für unsere Stadt zu ringen.

Die SPD-Fraktion wird ihre Rolle als führende Kraft der neuen Rathausmehrheit mit großem Engagement annehmen. Dabei können wir auf unsere Vernetzung mit der Stadtgesellschaft und unsere Praxis des Dialogs in den vergangenen Jahren aufbauen. Wir werden dabei im Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin eigenständige Vorstellungen entwickeln und in den Stadtrat einbringen – und darüber hinaus gegenüber Bund und Land mit Nachdruck die Interessen unserer Stadt vertreten.

Wir wollen den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt stärken – Armut grenzt gerade in unserer reichen Stadt viele Menschen aus. Dazu gehört an erster Stelle die Weiterentwicklung der GGFA und die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.

Mit dem Erlangen Pass wollen wir hier einen entscheidenden Schritt vorankommen. Den demographischen Wandel müssen wir aktiv begleiten. Die Probleme im Bereich des Wohnens sind für viele existenziell und haben sich in den vergangenen Jahren drastisch verschärft. Dem wollen wir durch eine Wohnungsbauoffensive mit mehr – insbesondere barrierefreiem – Geschosswohnungsbau begegnen, haben zugleich aber auch die Verpflichtung, den Mieterinnen und Mietern der GBW-Wohnungen im Rahmen unserer – leider begrenzten – Möglichkeiten zur Seite zu stehen.

Zugleich gilt es die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt zu sichern. Wir halten neue Gewerbeflächen dafür für unabdingbar, werden aber auch thematisieren, dass sich hinter dem Erlanger Arbeitsplatzwunder in vielen Fällen auch die Zunahme prekärer Beschäftigung verbirgt.

Auf die Umsetzung von mehr Chancengleichheit werden wir im Bereich der kommunalen Bildungspolitik einen Schwerpunkt setzen. Ablesbar ist dies auch an der neuen Referatsstruktur, in der Kitas und Schulen unter Führung eines SPD-Referenten gemeinsam weiterentwickelt werden. Wichtige Stichpunkte hierzu: Echte GT- Schulen, verbesserte Sprachförderung, und auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung – am heutigen Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (Verweis auf Geb dolm) fordern wir in diesem Bereich deutliche Fortschritte in den kommenden Jahren. Auch das bevorstehende Jubiläum des Ausländer- und Integrationsbeirats ist für uns Anlass, dem Beirat für sein Engagement zu danken – zugleich aber Verpflichtung, die nach wie vor bestehenden Diskriminierungen aktiv abzubauen (Verweis auf Redebeitrag E. Rossiter bei StR-Schlusssitzung am vergangenen Donnerstag).

Auch unter einer grünen Umweltreferentin wird die SPD-Fraktion ihren langjährigen Schwerpunkt in diesem Bereich weiter verfolgen. Im Vordergrund steht hier die Gestaltung der Energiewende, die wir mit deutlich mehr Nachdruck und Verbindlichkeit gemeinsam mit den Erlanger Stadtwerken und den in diesem Bereich engagierten Bürgerinnen und Bürgern vorantreiben wollen. Dazu gehört auch die Schwerpunktsetzung auf den Umweltverbund aus Fahrrädern, Fußgängern und dem ÖPNV. Zentrales Projekt der Verkehrswende ist für die SPD seit den 90er Jahren die Stadt-Umland-Bahn– jetzt wollen wir sie endlich umsetzen.

Bei den städtebaulichen Herausforderungen und Chancen, die sich durch den geplanten Siemens Campus in den nächsten Jahren bieten, sehen wir für die Stadt eine deutliche aktivere Rolle als bisher. Wir müssen uns frühzeitig auf die Auswirkungen dieses Projekts für die Gesamtstadt vorbereiten, insbesondere die Innenstadt, und unsere Handlungsspielräume aktiv nutzen. Dabei darf eine ausgewogene Entwicklung der verschiedenen Funktionen der Altstadt nicht aus dem Blick geraten.

Im Bereich der Kultur und Soziokultur setzen wir auf die Sicherung und den Ausbau von Stadtteilzentren, die bessere Nutzung von Freiflächen und die Sanierung und den Umbau des Frankenhofs zu einem Haus der kulturellen Bildung. Wir wollen dabei nicht aus dem Blick verlieren, dass im Bereich der kulturell genutzten Gebäude erheblicher weiterer Investitionsbedarf besteht und für die Zeit nach 2020 weitere größere Projekte vorbereiten.

Unsere Stadt steht in den nächsten Jahren vor vielfältigen Herausforderungen. Zahlreiche Einzelprojekte werden wir im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern entwickeln und umsetzen. Zugleich dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass wir in einer reichen Stadt in einem reichen Land leben. In diesen Zeiten, wo der Frieden auch in Europa nicht mehr so gesichert erscheint, müssen wir uns alle gemeinsam für den friedlichen Austausch mit unseren Partnerstädten, insbesondere außerhalb der EU, und die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen. Dabei müssen wir jedoch auch zur Zusammenarbeit mit Kommunen über die bestehenden Partnerschaften hinaus bereit sein. Flüchtlinge wollen wir in unserer reichen Stadt großzügig willkommen heißen, jeglicher Form von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit muss sich der Stadtrat in seiner Gesamtheit entschieden entgegenstellen.

Als SPD-Fraktion laden wir alle Bürgerinnen und Bürger und alle Mitglieder des Stadtrats ein, die Zukunft Erlangens als offener, demokratischer und sozialer Stadt gemeinsam zu gestalten.