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Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Nachtragshaushalt

Die SPD-Fraktion hat dem Nachtragshaushalt 2010 in Erlangen zugestimmt. Der Fraktionsvorsitzende Florian Janik begründete dies mit folgender Rede:

Starke Städte sind das beste Mittel gegen die Krise

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zu Beginn möchten wir uns herzlich bedanken: Wie bei jedem Haushalt, bei Herrn Beugel und Herrn Knitl und dem Team von der Stadtkämmerei, aber vor allem bei dem Gebäudemanagement bei Herrn Kirschner und dem ganzen Team, die nächtelang die Anträge zum Konjunkturpaket ausgefüllt und bearbeitet haben, ohne die wir heute gar keine Beschlüsse hätten fassen können.

Das Konjunkturpaket ist zwar, wie man der Vorlage entnehmen kann, nicht der eigentliche Anlass für den Nachtragshaushalt, aber doch der Dreh- und Angelpunkt der heutigen Sitzung. Für die SPD steht fest: Das Konjunkturpaket ist für ganz Deutschland und eben auch in Erlangen von herausragender Bedeutung. Es ist mehr als irgendein Investitionsförderungsprogramm. Es ist in unseren Augen ein klares Signal: Wir brauchen einen starken Staat und starke Städte, um uns gegen die Wirtschaftskrise zu stemmen.

Und erlauben sie deshalb, dass ich etwas grundsätzlicher werde, denn das ist durchaus ein Paradigmenwechsel in der politischen Debatte. Die Propheten der letzten Jahre haben sich geirrt. Deregulierung, Privatisierung und weniger Staat führen nicht zu Wohlstand für alle, sondern direkt in die Krise. Und wir sollten dabei nicht vergessen: Es geht nicht um die Schuld von einigen raffgierigen Managern allein. Es geht auch darum, dass alle Parteien die Prozesse gewollt und befördert haben, die uns in diese Situation gebracht haben.

Jetzt ist die Krise da, und in den Augen der SPD-Fraktion ist das Konjunkturpaket geeignet, dieser zu begegnen. Und gleichzeitig brauchen wir strengere Regeln auf den Finanzmärkten um in der Zukunft solche Krisen zu verhüten. Wir haben deshalb heute allen Grund uns bei der Bundesregierung zu bedanken. Besonders bei Finanzminister Steinbrück, der in den letzten Wochen auch gegen zum Teil erbitterten Widerstand in der Union dieses Paket durchgesetzt hat. Das Konjunkturpaket ist das richtige Mittel gegen die Krise, weil die Kommunen damit schnell Aufträge an die regionale Wirtschaft vergeben und so zumindest einen Teil der weggefallenen Exportnachfrage ersetzen können. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit wird dennoch unvermeidlich sein, aber er wird auch durch das Konjunkturpaket nicht so hoch ausfallen. Und deshalb ist es auch richtig, für ein solches Konjunkturprogramm zusätzliche Kredite aufzunehmen.

Natürlich kann man ein solches Paket immer kritisieren. Die häufigste Kritik ist, dass das Paket zu klein ist, und das stimmt wahrscheinlich auch. Aber gerade wenn dies richtig ist, dann ist unsere Verantwortung dafür, dieses Paket vor Ort ordentlich umzusetzen nur umso größer. Auch muss man kritisieren, dass auf Druck der Union Steuersenkungen im Konjunkturpaket II enthalten sind. Ich komme darauf später nochmal zurück.

Hart kritisieren muss man aber vor allem die Bayerische Staatsregierung von CSU und FDP.

  • Sie hat zur Umsetzung des Konjunkturpaktes ein bürokratisches Monster geschaffen. Mit ihrer Entscheidung, statt einer pauschalen Auszahlung der Gelder an die Kommunen auf ein komplexes Antragsverfahren zu setzen, wird die Wirkung des Programms stark verzögert. Während in Bremen und Nordrhein-Westfalen schon die Bagger rollen, schreiben die Bayern noch Anträge.
  • Die Staatsregierung hat das Programm zusätzlich verengt, so dass weniger Wirtschaftsbereiche als von der Bundesregierung vorgesehen von Aufträgen profitieren werden.
  • Die Staatsregierung hat Geld einbehalten, also zweckentfremdet, um ihre eigenen Haushaltslöcher zu stopfen. Es ist schon klar, dass nach dem Landesbankdesaster der Freistaat Geld braucht. Aber dies an den Kommunen auszulassen und das Geld des Konjunkturpakets zu missbrauchen, ist mehr als nur unverschämt.
  • Und schließlich sind die Förderquoten in Bayern sehr gering.

Auch in Erlangen können wir mit den geförderten Projekten nicht zufrieden sein. Die Mittel sind deutlich geringer als angenommen. Gleichzeitig beträgt die Förderquote bei den Projekten nicht 85 Prozent wie von der Bundesregierung angedacht, sondern eher 40-45 Prozent, was den städtischen Haushalt deutlich belastet. Und zum dritten greifen die meisten Maßnahmen erst im Jahr 2010 und damit recht spät, um in der aktuellen Krise gegenzusteuern.

Trotz all dieser Kritik freut sich die SPD-Fraktion über das Konjunkturpaket, weil es richtig ist, sich mit Investitionen gegen die Krise zu stemmen und weil all die Maßnahmen kein Luxus sind, sondern dringend notwendig, ökonomisch vernünftig und ökologisch nachhaltig.

Bis hierhin ist der vorgelegte Nachtragshaushalt also positiv. Aber eine Kröte haben Sie, Herr Oberbürgermeister, doch hinein gemogelt: 2,4 Millionen Euro für das Medizinische Archiv im Museumswinkel. Dieses Projekt hat nicht nur nichts mit dem Konjunkturpaket zu tun, es gibt auch bis heute dazu kein Konzept, keine Klarheit über die Kosten, weder über die einmaligen noch über die Folgekosten, und keinen Vertrag mit der Firma Siemens. Das Einzige, was es gibt, ist ein Zeitungsartikel in den Erlanger Nachrichten. Um nicht missverstanden zu werden: Die SPD wollte den MuWi als Museum, als Leuchtturm im Medical Valley. Und dafür wären wir auch bereit gewesen, Geld in die Hand zu nehmen. Mit dem Kulturentwicklungsplan und der einstimmigen Beschlussfassung hier im Stadtrat haben wir von diesen Museumsplänen aber Abschied genommen. Die SPD ist dann aber auch konsequent: Wir sind nicht überzeugt, dass man für zwei Archive, die Bauverwaltung und die Kulturverwaltung ein weiteres denkmalgeschütztes Gebäude dauerhaft im städtischen Besitz behalten sollte. Die Folgekosten für den teuren Unterhalt – und dass das Gebäude sanierungsbedürftig ist, kann man auch an dem momentan stehenden Baugerüst sehen – sind einfach zu groß. Für die SPD-Fraktion ist die Rückgabe des Gebäudes eine Option. In jedem Fall halten wir es für einen großen Fehler, das jetzt hier und heute ohne Konzept, ohne Vertrag und ohne Kostenklarheit durchzupeitschen. Herr Dr. Balleis und Frau Aßmus, vor diesem Hintergrund kann ich Ihnen ihre vergossenen Krokodilstränen über die Haushaltslage auch nicht glauben. Wer so jammert und in der gleichen Sitzung teure Projekte wie den Aktenwinkel, eGovernment oder das Handyparken abnickt, ist schlicht unglaubwürdig.

Wir beantragen daher, dass das MedArchiv aus dem Nachtragshaushalt gestrichen wird. Von den so in 2009 freiwerdenden 400.000 Euro wollen wir zum einen 50.000 Euro für das Förderprogramm Solarthermie ausgeben. Das ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch noch eine zukunftsorientierte Konjunkturförderung. Für jeden eingesetzten Euro in dem Programm werden zehn und mehr Euro Investitionen ausgelöst, die hier in der Region Arbeitsplätze sichern helfen. Die restlichen 350.000 Euro wollen wir für den Einstieg in die Sanierung des Frankenhofs verwenden. Ein Projekt, bei dem ein gutes Konzept (Bildung und energetische Sanierung) vorliegt, das einstimmig im Stadtrat beschlossen wurde, das langfristig Einsparungen generiert, das also deutliche Vorteile im Vergleich zum Aktenwinkel bietet.

Lassen sie mich zum Abschluss noch etwas zur Zukunft sagen. Der Kämmerer hat sicher Recht, wenn er sorgenvoll auf die nächsten Jahre blickt. Die Steuereinnahmen werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zurückgehen. Der Staat wird klamm. Das liegt erstens an der einbrechenden Konjunktur, zweitens an der falschen Steuersenkungspolitik auch im Rahmen des Konjunkturpakets II. Die Einkommensteuer ist bereits gesenkt worden, die Unternehmenssteuern werden wohl noch gesenkt. Und drittens an den Belastungen durch die Bürgschaften und Zuschüsse, die der Staat bereits geleistet hat und noch leisten wird. Was wir hier erleben, ist absurd. Bei sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben beschließt der Bundestag eine Schuldenbremse und senkt die Steuern. Zur Folge hat das eine politisch verordnete Verarmung des Staates. Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen auf die Unterstützung durch den Staat, auf Sozialleistungen, Bildung und Ausbildung, angewiesen sind und sein werden und wir einen investierenden und starken Stadt brauchen, wird eben dieser Staat finanziell ruiniert. Erlauben Sie mir diese Bemerkung: Wenn man die Spitzen von CDU/CSU und FDP in diesen Tagen reden hört, dann hat man geradezu den Eindruck, dass die genau das wollen. Sie haben immer noch nicht verstanden, dass wir einen starken Staat und starke Städte brauchen um aus dieser Krise herauszukommen und um zu vermeiden, dass solche Krisen allzu häufig auftreten.

Auch in Erlangen sind unsere Ausgangsvoraussetzungen alles andere als ideal. Noch sind die Steuereinnahmen zwar gut, aber es ist – gerade nach der aktuellen Steuerschätzung – mehr als unwahrscheinlich, dass das so bleibt. Dass es die hier in Erlangen regierenden Mehrheiten versäumt haben in den zurückliegenden guten Zeiten die Gewerbesteuer anzuheben, schlägt jetzt zurück. Mit den Mehreinnahmen hätte man entweder Rücklagen aufbauen oder den Sanierungsstau abbauen können – beides würde uns jetzt helfen. Gleichzeitig beschließen Sie weitere fragwürdige und teure Projekte, allein heute: Handyparken, den Aktenwinkel und Gelder für E-Government.

Vor diesem Hintergrund wird – und da hat der Kämmerer sicher Recht – der Haushalt 2010 nicht einfach und ein fertiges Lösungskonzept hat noch niemand in der Hand. Erste Vorschläge zu Einsparungen haben wir heute schon gemacht, werden aber wohl keine Mehrheit dafür finden. Klar ist für uns aber schon heute: Es ist für den Haushalt 2010 der falsche Weg, auf die Investitionsbremse zu treten, denn solange der Abschwung andauert, müssen wir aktiv gegensteuern. Und es ist auch der falsche Weg bei Leistungen für diejenigen einzusparen, die durch diese Krise unverschuldet in Not geraten sind und jetzt die Unterstützung der öffentlichen Hand besonders brauchen.

Denn für die SPD ist klar: Gerade in der Krise brauchen wir einen starken Staat und starke Städte.