Rede der Fraktionsvorsitzenden Barbara Pfister zum Haushalt 2017 in der Stadtratssitzung am 19. Januar 2017
Während wir hier über den Haushalt der Stadt Erlangen beraten, geht es auf der Bundesebene um grundlegende finanzpolitische Fragen anderer Größenordnung: Werden Milliardenüberschüsse dafür verwendet, Investitionen in öffentliche Infrastruktur zu finanzieren, wie es die SPD zu Recht fordert? – Sollten sich dagegen die Unionsparteien in Berlin mit ihren verfehlten Vorschlägen durchsetzen und die Mittel in Schuldentilgung oder, wie von der CSU gefordert, in Steuersenkungen fließen, dann wäre das eine schwerwiegende Fehlentscheidung, gerade für die Kommunen. Nach wie vor sind die Rahmenbedingungen für die kommunalen Haushalte sehr ungünstig, der Investitionsstau hat dort weiter zugenommen und erreicht inzwischen 136 Milliarden Euro, mit steigender Tendenz. Auch wenn uns diese eigentlich skandalöse Situation chronischen Finanzmangels inzwischen wohlvertraut ist, verbirgt sich hinter dieser Zahl auch in Erlangen das Problem, dass dringende Maßnahmen für die Schulen über Jahre gestreckt werden müssen und kulturelle Einrichtungen wie VHS oder Stadtmuseum erst mittelfristig mit einer Sanierung rechnen können. Die in diesem HH-Jahr in Erlangen relativ günstige Situation aufgrund höherer Einnahmen – insbesondere bei der Gewerbesteuer – darf darüber nicht hinwegtäuschen. Trotz dieser schwierigen Bedingungen stellen sich die Städte und Gemeinden der Herausforderung, der Spaltung und Entsolidarisierung der Gesellschaft angesichts der ungleichen Verteilung von Ressourcen und Chancen entgegenzuwirken, der Bedrohung durch Umweltschäden und Erderwärmung und der Verunsicherung vieler Menschen, die in zunehmender Intoleranz und antidemokratischen Haltungen zum Ausdruck kommt, zu begegnen. Der städtische Haushalt ist dafür unser wichtigstes Instrument; wir müssen ihn so gestalten, dass einerseits die Handlungsfähigkeit der Stadt langfristig erhalten bleibt, zugleich aber die Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Bildung, Soziales und Kultur gesichert und ausgebaut wird, wir den Schutz der Umwelt und den Klimawandel bewältigen, um Voraussetzungen für wirtschaftliches Gedeihen und sozialen Zusammenhalt zu schaffen. Und all dies gemeinsam mit städtischen Beschäftigten, die in vielen Bereichen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen.
Kein leichtes Unterfangen.
Unsere Haushaltsentscheidungen müssen sich daran messen lassen, wie der schwierige Balanceakt zwischen wichtigen Investitionen und Ausgaben und dem Umgang mit der prekären Ausgangssituation insgesamt gelingt. Die Koalition von SPD, Grüner Liste und FDP zeigt auch in ihrem dritten Haushalt, dass sie auf nachhaltige Finanzpolitik setzt und die finanziellen Spielräume nutzt, um die Weichen für die Zukunft der Stadt zu stellen. In unserer Stadt werden in diesem Jahr Investitionen in Höhe von 40 Millionen Euro getätigt, die ausnahmslos in Projekte fließen, die für die Bürgerinnen und Bürger und für die Stadt als Ganzes von großer Bedeutung sind. Für die Jahre 2018 und 19 planen wir weitere Investitionen im Umfang von jeweils 50 Millionen – ein Rekordniveau, das unter der früheren Rathausmehrheit in 18 Jahren nur ein einziges Mal erreicht wurde! Vor dem Hintergrund massiver Investitionen und ihrer positiven Wirkungen für unser Gemeinwesen halten wir eine maßvolle Schuldenaufnahme in Höhe von 6,5 Millionen für absolut gerechtfertigt, zumal der positive Saldo der Verwaltungstätigkeit belegt, dass wir den Anstieg der Verwaltungsausgaben in Grenzen halten.
Der HH-Entwurf, den der Kämmerer im Herbst vorgelegt hat, beinhaltet bereits erhebliche Investitionen, viele davon als Ergebnis der Entscheidungen, die wir seit 2014 im Stadtrat mehrheitlich getroffen haben. Der Frankenhof ist ein herausragendes Beispiel für Projekte, die gerade die SPD-Fraktion in den letzten Jahren gemeinsam mit dem Oberbürgermeister – und in diesem Fall dem Kulturreferenten -vorangetrieben und mit den entsprechenden Haushaltsmitteln ausgestattet hat. Auch die auf hohem Niveau stabilen Ansätze für den Ausbau des Radverkehrs in den kommenden Jahren sind Ausdruck unserer politischen Schwerpunkte, ebenso wie die Fortführung der Schulsanierungen und der Ausbau des Westbads.
Zusätzliche Akzente haben wir mit unseren Haushaltsanträgen gesetzt. Insbesondere die Mittel für Planung und Bau der neuen Sporthalle im Stadtosten sind hier zu nennen, die den seit vielen Jahren allseits beklagten, jedoch nie wirklich angegangenen Mangel an Flächen für Schulen und Sportvereine zu einem erheblichen Teil beheben wird. Nachdem sich das geplante BBGZ als nicht finanzierbar erwiesen hat, setzen wir nun dieses Vorhaben ohne Zaudern und Zögern um.
Das Bürgerzentrum im Erlanger Westen, das trotz der enormen Bevölkerungsentwicklung in den Entwicklungsgebieten von der CSU bis 2014 immer wieder auf die lange Bank geschoben wurde, wird in dieser Wahlperiode angegangen und ab 2019 errichtet. Darüber hinaus hat die SPD mit Erfolg Mittel für eine wichtige Freizeitfläche neben dem ATSV beantragt. Sichern konnten wir auch die Realisierung des Verkehrsübungsplatzes in Dechsendorf.
In unseren Beratungen geht es jedoch nicht nur um Investitionsausgaben, sondern auch um Inhalt und Qualität der Arbeit der Stadtverwaltung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Wie in jedem Jahr haben wir zahlreiche Gespräche mit den städtischen Ämtern und Einrichtungen darüber geführt, wie ihre Aktivitäten durch entsprechende Budgetmittel gesichert und weiterentwickelt werden können. Auf dieser Grundlage haben wir dort, wo wir zusätzliche Bedarfe sehen oder eigene Anforderungen an die Stadtverwaltung formulieren, zusätzliche Mittel für den Ergebnishaushalt durchgesetzt. An erster Stelle sind hier 120 000 Euro für die Bekämpfung der Langzeitsarbeitslosigkeit zu nennen, die einem unserer zentralen Ziele entspricht. Weitere Budgetbeschlüsse ermöglichen die Umgestaltung des Innenhofs im Palais Stutterheim, die Stärkung des BIG-Projektes und der Arbeit des Stadtjugendrings, den Ausbau inklusiver und kulturpädagogischer Angebote im Kulturbereich oder das Projekt Depression im Alter.
Mit der Einführung von Stadtteilbeiräten in diesem Jahr und den beschlossenen Richtlinien haben wir Bürgerbeteiligung in Erlangen ein gutes Stück vorangebracht. Dass diesem Thema nach wie vor hohen Stellenwert einräumen und wir uns mit dem Erreichten noch längst nicht zufrieden geben, machen wir mit Anträgen zu Beteiligungsprojekten für Kinder und Jugendliche und einer zusätzlichen halben Stelle deutlich. In einem weiteren Antrag greifen wir den Wunsch der Anwohnerinnen und Anwohner des Zollhausplatzes auf, Ihren Platz selbst mitzugestalten, den sie im Dialog mit der SPD artikuliert haben.
Die SPD-Fraktion lässt das Prinzip der Beauftragung der Verwaltung durch den Stadtrat nicht zur bloßen Formalität erstarren, sondern bringt über die Finanzbeschlüsse hinaus Jahr für Jahr neue Ideen und Ansätze in die Arbeitsprogramme ein. Viele unserer Anträge aus den vergangenen Jahren haben Früchte getragen – wie zum Beispiel die Einrichtung des runden Tisches zu Inklusion und Bildung oder die Förderung von Inklusion im Bereich der Kultur. Bei anderen Themen, die wir benannt haben – wie der Förderung der autofreien Mobilität von Kindern und Jugendlichen – bereitet die Verwaltung die Umsetzung unserer Anliegen derzeit vor. Aus unseren für 2017 gestellten Anträgen möchte ich die Vorbereitung auf das 100-jährige Jubiläum des Frauenwahlrechts im Jahr 2018 herausgreifen, für das wir uns ein sowohl an der Geschichte als auch an der Gegenwart der Gleichstellung ausgerichtetes Konzept wünschen. Möglich sind diese inhaltlichen Impulse durch die hohe inhaltliche Kompetenz und breite gesellschaftliche Verankerung der ehrenamtlichen SPD-Stadtratsmitglieder. Selbstverständlich entstehen viele dieser Vorschläge auch in Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern und den Organisationen und Vereinen, die durch ihre haupt- und ehrenamtliche Arbeit unverzichtbare Aufgaben in unserer Stadt übernehmen. Sie zu unterstützen, ist uns ein großes Anliegen, das sich folgerichtig in unseren Anträgen zur Gewährung und Erhöhung von Zuschüssen widerspiegelt – wie beispielsweise für das Frauenhaus, das Tierheim oder die Erlanger Tafel.
Alles, was in der Stadtverwaltung tagtäglich geleistet wird, alles, was wir voranbringen wollen, beruht auf der engagierten Arbeit des städtischen Personals. Die Gestaltung des Stellenplans entscheidet daher darüber, ob und wie wir die kommenden Herausforderungen bewältigen können. Mit dem neuen Verfahren der vom Stadtrat auf Vorschlag von Finanz- und Personalreferat festgelegten Obergrenze für Stellenschaffungen, das wir in diesem Jahr zum zweiten Mal anwenden, schaffen wir den Spagat zwischen Haushaltszwängen und dem unabweisbaren Bedarf an Personalressourcen. Die Summe von 1,2 Millionen gibt uns dafür einen finanzpolitisch nachhaltigen Spielraum, der freilich dem eigentlichen Bedarf angesichts von Aufgabenzuwachs und Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht voll gerecht werden kann. Die Diskussionen darüber, welche der beantragten Stellen unter dieser Vorgabe berücksichtigt werden sollen, schafft größere Transparenz. Diesem Prinzip verweigert sich jedoch leider die CSU-Fraktion, die ihre eigene Konzeptlosigkeit – nach langen Jahren im Regelfall deutlich höherer Personalkostensteigerungen vor 2014 – mühsam damit zu bemänteln versucht, dass sie die Summe von 1,2 Millionen um ein Drittel reduzieren will – ohne dass eine nachvollziehbare Begründung erkennbar wäre. In Verkennung des neuen Verfahrens haben es ihre Stadtratsmitglieder zudem versäumt, deutlich zu machen, welche Stellen denn aus ihrer Sicht verzichtbar wären. Statt in den Beratungen nach dem Beschluss über die Obergrenze von 1,2 Millionen aufzuzeigen, welche Stellen sie nicht schaffen will, hat die CSU sich darauf beschränkt, einige wenige plakative Beispiele zu benennen. Dieses Vorgehen halten wir für wohlfeil und unglaubwürdig.
Ja, am Stellenplan ist auch unser Bekenntnis zur Landesgartenschau 2024 ablesbar, einem wichtigen Meilenstein der Stadtentwicklung, nicht nur für die Innenstadt. Dass diese Stellen nicht vor dem Ausgang eines Bürgerentscheids besetzt werden, versteht sich von selbst.
Auch in diesem Jahr waren unsere Beratungen im Stadtrat geprägt von fairem Streit um unsere unterschiedlichen Vorstellungen vom Wohl der Stadt. Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei allen Stadtratskolleginnen und –kollegen ausdrücklich bedanken. Die Bürgermeisterinnen und Referenten, Amtsleitungen und nicht zuletzt der Personalrat haben uns mit vielfältigen Informationen versorgt und waren uns wichtige Gesprächspartner. Ganz besonders gilt das für Sie, Herr Beugel und Herr Ternes, Sie beide zeichnen sich durch große Offenheit und Fairness aus, aber auch für Herrn Knitl und das Team der Kämmerei sowie Herrn Matuschke und das Personal- und Organisationsamt. Auch die Arbeit des Sitzungsdienstes, der uns nicht nur während der Haushaltsberatungen stets freundlich und zuverlässig unterstützt, möchte ich würdigen. Unser abschließender Dank gilt den Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit ihren Wünschen, aber auch ihrer Kritik an uns gewandt haben, und den Erlanger Nachrichten – dafür, dass sie die Haushaltsberatungen und die unterschiedlichen Auffassungen der Fraktionen der Öffentlichkeit vermitteln. Nicht erwähnt habe ich bisher unseren Oberbürgermeister: Doch er verdient außerordentlichen Dank für die die Art und Weise, wie er auch in diesen Haushaltsberatungen mit großem Einsatz persönliche und politische Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit verkörpert und damit der Demokratie in unserer Stadt einen unschätzbaren Dienst erweist.
Mit diesem Haushaltsbeschluss kurz vor der Halbzeit der Wahlperiode zeigt die SPD-Fraktion erneut ihre Bereitschaft und Fähigkeit, für die Zukunft unserer Stadt Verantwortung zu übernehmen, Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren und die kommenden großen Veränderungen nicht nur zu begleiten, sondern entscheidend mitzugestalten. „Versprochen – Gehalten“: Wir setzen weiterhin das um, wofür wir 2014 angetreten sind und setzen mit zentralen Projekten in den Bereichen Stadtentwicklung, Verkehr, Wohnen, Soziales, Bildung und Kultur Impulse, die weit über diese Wahlperiode hinausreichen.